|
Tagebucheinträge von 1998
Zihlschlacht, 2. Januar 1998 |
Gestern hätte ich eigentlich einen Ruhetag bitter nötig und auch verdient gehabt,
aber dann das schöne Wetter und der erste Tag vom Jahr..... Also, seit dem ersten
Dezember im letzten Jahr habe ich bis jetzt nur zwei Tage ohne Training hinter mir, was
für mich wohl neuer Rekord ist. Wenn das so weitergeht.... (dann bin ich im Februar schon
verheizt!)Mein diesjähriger Vorsatz wie jedes Jahr: Endlich mal etwas leichter in den
Rennen zu sein. Aber eigentlich sieht es diesmal ganz gut aus. Im Moment habe ich 77 kg,
ein Kilo mehr als an der Tour de France. Mein Ziel ist aber 74 kg, das wären dann genau
5% Fett, wenn ich das erreiche, gewinne ich auch wieder mehr Rennen! |
|
Zihlschlacht, 6. Januar |
Langsam wird mir dieses Wetter unheimlich. Die ganzen Nächte Regen, Wind und Sturm,
und am Tag das schönste Wetter! Überhaupt kein Grund, um jetzt wie die meisten andern
Fahrer irgendwo ins Ausland zu reisen. Für mich ein idealer Winter, für die Skifahrer
aber auch, schliesslich hat es in den Bergen genug Schnee. |
|
Zihlschlacht, 8. Januar |
Die 95 km habe ich mich richtiggehend abgequält. Wahrscheinlich waren die sieben
Stunden gestern doch etwas zuviel! Aber eventuell fahre ich morgen diese lange Strecke
doch noch einmal, das Wetter ist sooooo gut, schon fast Sommer. Und die Pause mache ich
dann doch lieber bei Regen. |
|
Zihlschlacht, 11. Januar |
Endlich konnte ich wieder einmal mit Alex trainieren. Er ist braungebrannt aus Spanien
zurück. Aber wir waren beide etwas zu müde, um ein richtiges Training zu absolvieren.
Ein Erholungstag tut sicher gut, vor allem weil ich gestern wieder ein Rennen des Lauf-Cup
absolviert habe. 11 km bin ich voll "gsecklet", der Pulsdurchschnitt war jedoch
"nur" 173 Schläge, was auf eine gewisse Übermüdung hindeuten wird. Diese
Woche gab es schliesslich 30 Stunden Training und seit dem ersten Dezember habe ich nur
gerade zwei Tage ohne Sport hinter mir.
Seit erstem Januar 1150 km. |
|
Zihlschlacht, 13. Januar |
Jetzt geht mir Alex schon wieder auf den Wecker! Er muss immer 30 cm weiter vorne
fahren als ich, wenn ich aufschliesse, beschleunigt er sofort ohne etwas zu merken.
Früher waren es wenigstens nur immer 10 cm aber seit er mit den Trikots von Festina
herumfährt, ist es nur schlimmer geworden. Ich freue mich auf das Trainingslager, das am
22. diesen Monat beginnt, ohne Alex und mit meinen Teamkollegen. |
|
St.Galmier (F), 22. Januar |
Endlich bin ich wieder unterwegs! Es wurde langweilig, zu Hause immer nur zu
trainieren. Hier kommen wir aber noch nicht so recht dazu. Wir konnten das Material
fassen, es war fast wie Weihnachten. Die erste kleine Ausfahrt mit meinem neuen Colnago
Aluminium-Velo habe ich auch schon hinter mir, und noch viele vor mir! Aber ich habe
wenigsten meinen neuen Begleiter für diese Saison auf meine Masse eingestellt, er fühlt
sich sehr gut an. |
|
St. Galmier 24. Januar |
Gestern zuerst die Mannschaftsfotos, dann etwas Training, eine Mannschaftsvorstellung
bei unserem Sponsor Casino, danach noch die offizielle Vorstellung vor der Presse. Heute
Morgen die Einzelfotos, danach Training und dann wieder einmal einen Test! Bis jetzt
hatten wir noch keine ruhige Minute. Morgen müssen wir zuerst 300 km im Auto und dann 150
km auf dem Velo zurücklegen. Dann endlich beginnt das Trainingslager. (Hoffentlich ist es
da etwas wärmer wie hier -2 Grad) |
|
Fontaine de Vaucluse (F) 25. Januar |
Scheiss Wetter. Am Morgen hat es wie verrückt geschneit und jetzt regnet es in
strömen. Für das hätte ich nicht nach Frankreich reisen müssen. Wenigstens weiss ich
jetzt meine nächsten Rennen. Ich beginne mit der Marseillaise am 3. Februar, danach Ruta
del sol, Luis Puig, Vuelta Valenciana, Tirreno Adriatico. Also viel in Spanien, da ist es
wenigstens schön warm. |
|
Fontaine de Vaucluse 26. Januar |
195 km bei Anfangs Nebel, nachher Sonnenschein. Den ganzen Tag lief es mir recht gut,
aber bei dieser super Gegend nicht verwunderlich. Hier, am Fusse des Mont Ventoux, ist
wirklich ein super Velogebiet. Lange Steigungen (20 Km) und nicht steil (ca. 4%), viele
Strassen ohne Verkehr, sehr empfehlenswert. Oder finde ich es hier nur schön, weil ich
heute keine Mühe hatte mit den Besten mitzuhalten? |
|
Fontaine de Vaucluse 27. Januar |
JDas habe ich schon einige Jahre nicht mehr gemacht, nämlich Intervall trainiert wie
Heute. 5x vier Minuten am Berg und 7x vier Minuten auf der Fläche. Es war hart, aber
unser Doktor hat uns gehetzt! Immerhin, 150 km und jeden Tag etwas müder. |
|
Fontaine de Vaucluse 28. Januar |
So gut, wie ich gemeint habe, scheine ich nicht zu sein. Ich wurde zweimal am Berg
abgehängt, allerdings glaube ich, dass unsere Mannschaft allgemein sehr stark ist.
Wenigstens im Training!
Seit dem 1. Januar habe ich nun 2308 km, plus die vom Dezember macht bei meinem ersten
Renneinsatz am 3. Februar etwas über 5000 km. So viel wie noch nie! |
|
Fontaine de Vaucluse 30. Januar |
Nach dem gestrigen Ruhetag (83 km) haben wir heute fast ein bisschen übertrieben. Am
Morgen sind wir 95 km weit gefahren mit 6 x 4 Minuten Kraftausdauer am Berg (Puls 170) und
7 x 5 Minuten Schwellentraining auf der Fläche ( Puls 173). Danach war ich fix und
fertig. Am Nachmittag machten wir nochmals 80 km mit 3 x 10 Minuten Mannschaftsfahren
(150). Morgen steht die lange Ausfahrt an, dafür etwas weniger Intensiv. Halt so, wie ein
normales Training, wo ich etwa 120 Schläge im Durchschnitt habe, an den Bergen natürlich
etwas mehr, so zwischen 140 und 170 Schlägen. |
|
Fontaine de Vaucluse 31. Januar |
Es war wieder einmal Brunftzeit! Jeder wollte das stärkste und schnellste Männchen
sein. Auf der Fläche hat keiner Führungsarbeit verrichten wollen, am Berg hat aber dann
jeder attackiert. Schliesslich waren ja alle stark. Wenn man abgehängt wurde, ist man
nicht voll gefahren, man musste sich schliesslich für die nächsten Hierarchiekämpfe
schonen. Mich nimmt es nur wunder, wem man imponieren wollte, Weibchen waren nämlich
nirgends zu sehen! Die Herde hat mich heute aufgeregt. Aber vielleicht war das nur, weil
ich es etwas ruhiger nahm, schliesslich hatte ich Geburtstag. |
|
Fontaine de Vaucluse 1. Februar |
Ich bin kaputt. Anfangs hatte ich mühe, überhaupt 30km/h zu fahren, motiviert war
ich auch nicht gerade. Am Ende der drei Stunden fühlte ich mich dann aber wieder besser.
Jetzt soll so schnell wie möglich der Dienstag kommen mit dem ersten Rennen dieser
Saison. Und dann endlich, am Mittwoch morgen kann ich nach Hause reisen. Dann sehe ich
meine Frau mit den Kindern wieder. Das erste mal im Jahr, wenn ich unterwegs bin, ist
immer am härtesten. Wir essen zwar gut hier, aber über die Kochkünste meiner Frau geht
nichts, schon gar nicht das ewige Weissbrot in Frankreich.... |
|
La Seyene (F), 2. Februar |
Nach einem kurzen Besuch in einer "Patisserie" steht es mit meiner Moral
wieder besser. Für morgen bin ich motiviert, ich werde mich Anfangs etwas zurückhalten
um vielleicht am Schluss etwas zu versuchen. Mit der Brechstange werde ich aber sicher
nicht fahren, die Saison ist noch lange und meine Form ist eigentlich erst auf Mailand -
San Remo geplant, dafür aber bis zur Tour de Suisse. Im Sommer werde ich dann seit langem
wieder einmal etwas Ferien haben, ich fahre keine Tour de France. Dafür dieses Jahr Giro
d'Italia und Vuelta Espana. |
|
Lyon (F), 3. Februar |
Ich habe nicht gewonnen, aber Marco Saligari. Damit hätten wir beim ersten Rennen den
ersten Saisonsieg. Und dazu noch andere fünf Fahrer in den ersten 18! Nur gerade ich und
Cali war nicht in der ersten 20 Mann Gruppe dabei. Ich war ein bisschen zu warm angezogen,
am Berg habe ich gedampft, anstatt schnell hochzufahren. Aber ich habe Härte gezeigt und
bin die letzten zwei Zusatzrunden von 8 km im strömenden Regen noch gefahren. Die erste
Aufgabe am ersten Rennen, das hat mir mein Kopf dann doch nicht zugelassen! |
|
Zihlschlacht, 7. Februar |
Ich trainiere wieder in der Kälte zu Hause. Es ist gar nicht so einfach, den Körper
wieder auf Minustemperaturen zu gewöhnen. Die Intensität habe ich gestern auf der Rolle
gemacht, es war da etwas wärmer! Diese Woche komme ich auch auf 600 km, was schon eine
gute Woche bedeutet.
Aktueller Kilometerstand seit 1. Januar: 3400. |
|
Zihlschlacht, 9. Februar |
So, die neue Adresse funktioniert nun auch einwandfrei (www.velopages.ch) genauso wie
das Wetter, das ich bestellt habe. Es muss noch drei Tage für drei grosse Trainings
halten und dann geht's ab nach Spanien! Kurze Hosen, keine Handschuhe und wieder einmal
richtig schwitzen, ich freue mich darauf! |
|
Zihlschlacht, 12. Februar |
Endlich kann ich mit gutem Gewissen ein paar Ruhetage machen, d.h. drei Tage je eine
Stunde Training, wobei am Samstag noch die Reise nach Sevilla ansteht. Ich habe diese Tage
nötig, auch wenn jetzt meine Kinder krank sind und so auch in den Nächten etwas los ist
(Nicht wegen der Olympiade!). Aber ich bin doch froh, wenn die Rennen endlich Schlag auf
Schlag folgen, ich will wissen, wo ich stehe. |
|
Sevilla (E), 14. Februar |
Meine Vermutung vor zwei Wochen scheint sich zu bewahrheiten! Unsere Mannschaft Casino
ist stark! Nach der guten Vorstellung in Marseille hat Alberto Elli zweiter im Etoile du
Besseges gemacht, wo noch Jaan Kirsipuu eine Etappe gewonnen hat, und an der
Mittelmehrrundfahrt der aktuelle Stand des Zwischenklassementes: 1. Massi, 2. Hamburger,
4. Gougot, alle Casino! Hier sind wir aber eher der schwächere Teil der Equipe, mal
schauen, wie wir uns aus der Affäre ziehen können. |
|
Sevilla, 15. Februar |
1. Et. Routa del Sol 157 km
24 Grad, Sonne, und erst das Finale schnell. So richtig schön. Am Anfang hatte ich Zeit,
mit all meinen Kollegen, die ich den ganzen Winter nicht gesehen habe, einen Schwatz
abzuhalten. Es hat einen Massensprint gegeben, den nicht Eric Zabel gewann. Und ich habe
das Ziel im Feld ohne Säure in den Beinen erreicht. |
|
Malaga, 16. Februar |
2. Et. Routa del Sol 216 km
Wieder einen Massensprint, wieder einen Rang zwischen 20 und 30. Und noch einen grösseren
Sonnenbrand. Aber morgen wird sich vieles ändern, eine happige Etappe mit einer
Bergankunft, wenn ich da wieder in den ersten 30 wäre, wäre ich sehr zufrieden. Also,
morgen gibt es den ersten kleinen Formtest, als erstes muss ich gut über den ersten Berg
von 16 km Länge und 1000 Höhenmeter kommen, danach bis am Schluss möglichst nichts
machen und dann die letzten 5 km voll fahren. Das Ziel: in die ersten dreissig! |
|
Priego di Cordoba, 17. Februar |
3. Et. Routa del Sol 170 km
Ziel erreicht und sehr, sehr zufrieden. 12. Rang, und wenn nicht der letzte Kilometer in
18% Steigung geendet hätte, wäre der 5. Rang dringelegen. Meine Moral ist sprunghaft
angestiegen, und jetzt weiss ich, dass ich im Winter gut gearbeitet habe. Diese Gewissheit
ist fast unbezahlbar. Jetzt werde ich mich die letzten zwei Etappen etwas schonen und dann
am Strassenrennen Luis Puig auf Tutti fahren. Der zweite Test. |
|
Linares, 18. Februar |
4. Et. Routa del Sol 147 km
Ich weiss nicht, ob ich lachen oder weinen soll. 300m vor dem Ziel war ich in idealer 5
Position, und als ich loslegen wollte, viel ich aus einem Pedal, wie ein Neoprofi! Aber am
Berg war ich ohne grosse Probleme dabei, auch am Ziel war ich eigentlich nicht müde,
obwohl wir nur noch etwa 35 Fahrer waren. Meine 11. Position im Gesamtklassement war nie
gefährdet. Hätte ich wohl auf den letzten fünf Kilometer angreifen sollen? |
|
Granada, 19. Februar |
5. Et. Routa del Sol 150 km
Die erste Rundfahrt ist vorbei, und ich bin eigentlich sehr zufrieden mit meinem 11. oder
12. Rang. Es war eine ruhige Woche, wenn da nicht ein deutscher Telekomneoprofi Namens
Schaffrat oder so wäre. Die ganze Zeit hat er mich mit seinem Gedränge schon aufgeregt,
und heute im Sprint lässt er gerade vor mir ein schön grosses Loch offen. Wenn er schon
zu kaputt ist, um zu sprinten, soll er wenigstens hinten bleiben. Aber ich habe noch
nichts gesagt, er ist ja noch neo, aber das nächste mal.... |
|
Galpe, 20. Februar |
Der Ruhetag tat gut, ich hatte endlich Zeit, eine deutsch geschriebene Zeitung
aufzutreiben. Jetzt weiss ich wenigstens wieder, was in der grossen, weiten Welt los ist.
Dafür habe ich Hunger, aber wenn ich schon nicht viel trainiert habe, darf ich auch nicht
viel essen. Aber eigentlich bin ich über mich erstaunt, ich bin von der Rundfahrt gar
nicht kaputt. |
|
Galpe, 22. Februar |
Trofeo Luis Puig 186km
Scheiss Tag! Schlecht geschlafen, Bauchweh, heiser, aber immerhin kein Fieber wie der Rest
der Mannschaft. Und dann 1500m vor dem Ziel noch ein Sturz, mir hat es wenigstens nicht
allzuviel gemacht. Das einzig Gute heute waren meine Beine, wenigstens etwas. Dafür hat
Lauri Aus die Classic Haribo gewonnen. Schon der fünfte Fahrer von Casino der dieses Jahr
ein Rennen gewinnt. Solch ich schon nervös werden, weil ich noch nicht gewonnen habe? |
|
Galpe, 24. Februar |
1. Et. Valencia 162 km
Da ich vor Heiserkeit kaum noch sprechen kann und der Hals sowieso noch weh tut, habe ich
mich heute etwas zurückgehalten. Ich habe nicht mal im Massensprint etwas probiert, es
war viel zu gefährlich. Ich hoffe nur, dass es morgen etwas besser geht. Heute vor vier
Jahren war ich übrigens im Spital. Mein zweiter Sohn wurde geboren und jetzt bin ich zu
seinem Geburtstag wieder einmal nicht zu Hause. Nach meiner aktiven Rennfahrerzeit habe
ich da einiges aufzuholen. |
|
Galpe, 25. Februar |
2. Et. Valencia 206 km
Wir haben heute Sieg Nummer 6 und 7 heraus gefahren. Massi in Calabrien und wir hier mit
Hamburger und Chanteur gar einen Doppelsieg. Ich testete nur ein wenig die Beine, führte
mit den Telekom - Mannen etwas das Feld an, um an meiner Intensität zu schleifen.
Irgendwie hatte ich hier für das Gesamtklassement keine Moral, warum weiss ich selber
nicht. Ich freue mich auf morgen, wir haben nun den ersten und zweiten im Klassement, das
wird einiges an Arbeit geben. Aber so komme ich dann endlich mal fix und fertig ins Ziel,
und nur so kommt dann die grosse Form! (Wirkt das überheblich? Es ist aber die Wahrheit) |
|
Benicasim, 26. Februar |
3. Et. Valencia 195 km
Über Arbeit konnte ich mich nicht beklagen und fahren konnten wir auch genug. Meine Beine
sind voll Säure, so dass sie auch beim laufen schmerzen. Aber nur so kann die Hochform
kommen. Jetzt hoffe ich, dass ich morgen gut über die grossen Berge komme und im Final
unseren Leadern etwas helfen kann und wer weiss, wenn dann meine Beine noch gut sind.... |
|
Benicasim, 27. Februar |
4. Et. Valencia 160 km
Es war ein harter, sehr harter Tag heute. Wir wurden so von jeder möglichen Mannschaft
angegriffen. Schade dass wir eine französische Mannschaft sind, hier unter diesen
Mannschaften ist der Futterneid unglaublich gross. Einige Equipen sind nur gefahren, damit
wir das Leadertricot verlieren. Typisch französisch und nicht sehr professionell.! |
|
Almeria, 1. März |
Ich bin jetzt etwas kaputt. Heute hatte ich schon nicht mehr die guten Beine von
Valencia. Im Finale habe ich zwar noch eine Attacke plaziert, sie hat aber leider nichts
gebracht. Jetzt freue ich mich, bis ich nach Hause kann und dort werde ich nun eine
Ruhewoche einschalten mit etwa 500 km. Danach sollte ich sehr gute Beine beim Tirreno -
Adriatico und dann vor allem bei Mailand - San Remo haben. Meine Saison beginnt! |
|
Zihlschlacht, 4. März |
Drei Tage von den vier Ruhetagen sind schon durch und das schlechte Wetter kommt erst.
Aber bis jetzt ist es mir eigentlich egal, ich habe auch so noch viel zu tun. In meinem
Büro stapeln sich wieder Berge von Arbeit! Aber als Ausgleich auch nicht schlecht. |
|
Sorrento (I), 10. März |
Ich habe halt etwas mehr Ruhe gemacht, als eigentlich vorgesehen. Aber auf die Dauer
schadet es sicher nicht. Die ersten zwei Tage des Tirreno - Adriatico werde ich hier
wahrscheinlich etwas Mühe haben, aber gegen Ende sollte es dann dafür noch besser
laufen! |
|
Sorrento, 11. März |
1. Et. Tirreno - Adriatico
300 m vor dem Ziel glaubte ich an vierter Position noch an den Sieg. Die Ausbeute : ca.
20. Rang, ich war leider noch eingeklemmt, aber es lief mir erstaunlich gut, schliesslich
waren wir am Schluss nur noch etwa eine Gruppe von 50 Fahrer.
Noch ein kleiner Intelligenztest: Wenn ich im Sprint den an dritter Position liegenden
Fahrer übersprinte, welchen Schlussrang belege ich? Und wenn ich den letzten Fahrer
überhole? Auflösung morgen. |
|
Formia, 12. März |
2. Et. Tirreno - Adriatico
Was für ein Rennen! Gestern 1000 Kurven und eine sehr gefährliche Abfahrt 5 km vor dem
Ziel, heute andere 1000 Kurven und 2000 Schachtdeckel, die 10 cm tiefer als der Asphalt
sind. Dann noch alles voll Öl und Staub, gemischt mit Regen, es war wie bei Holliday on
Ice. Kein Wunder, dass es 50 km vor dem Ziel einen Massensturz von 60 ! Fahrern gab. Ich
habe zum Glück nichts gemerkt, ich fuhr in den ersten 10 Positionen. Erst 10 km später
bemerkte ich, dass wir nur noch sehr wenige Fahrer waren. Am Ziel sind wir ca. 40 Fahrer
20 Minuten vor dem Rest ins Ziel gekommen.
Normalerweise wird nach so einem Sturz aufeinander gewartet. Aber irgendwie fehlt dieses
Jahr die Solidarität unter uns Rennfahrern. Aber ist das vielleicht, weil letztes und
dieses Jahr nur in Italien alleine 90 Neoprofis neu sind und diese die alten Regeln noch
nicht kennen? |
|
21 Uhr |
Die Ranglisten sind angekommen. 35 Fahrer mit 25 Minuten Vorsprung auf weitere 16. Der
Rest hat aufgegeben. ?!?!?!? Anscheinend war bei der Zielankunft des Feldes ein
durcheinander, unzufriedene Fahrer, Reporter und was weiss ich noch alles. So haben nicht
alle Fahrer den Zielstrich überquert und diese sind nun alle nicht mehr im Rennen! Ich
bin gespannt, ob das nun so bleibt oder ob morgen doch wieder alle starten können. |
|
Cassino, 13. März |
3. Et. Tirreno - Adriatico
Tatsächlich, es durften unter strömendem Regen nur noch 50 Fahrer starten. Alle andern
haben gestern die Ziellinie nicht überquert und so nach Rangliste aufgegeben (einige zwei
Meter vor dem Ziel!). Es gab einen "Massensprint" mit Sieger Svorada von Mapei.
Sie haben noch drei Fahrer im Rennen, Telekom sechs, wir immerhin noch fünf, es sind aber
einige Equipen mit nur noch einem Fahrer, oder Saeco, Mercantone Uno und Asics, die keinen
Fahrer mehr im Rennen haben.
(Ich sprintete auf den 7. Rang) |
|
Tivoli, 14. März |
4. Et. Tirreno - Adriatico
Irgendwie bin ich mit meinem 5. Rang nicht so ganz zufrieden. Bei der kleinen Bergankunft
gab es leider keinere grösseren Abstände und so turne ich im Gesamtklassement immer noch
mit 6 Sekunden Rückstand auf dem achten Platz herum.
Ich schulde Euch noch die Auflösung des Rätsels vom 11. März. Also, wenn ich den
dritten Fahrer überhole, mache ich dritter und nicht etwa zweiter. Und den letzten Fahrer
kann man nicht überholen, es hat niemand hinter ihm, der an ihm vorbeifahren kann! |
|
Teremo, 15. März |
5. Et. Tirreno - Adriatico
So sollte das Radfahren immer sein, fast keine Schmerzen in den Beinen, aber doch immer
vorne und überhaupt keine Probleme in den Bergen! Leider schaute dann am Schluss
"nur" den dritten Rang heraus, aber im Gesamtklassement bin ich nun vier
Sekunden hinter Rolf Sörensen zweiter. Wenn er die Etappe nicht gewonnen hätte, wäre
ich Leader..... Solche Tage sollte man öfters haben, als alle Schaltjahre einmal. |
|
Corredonia, 16. März |
6. Et. Tirreno - Adriatico
Ich bin Leader, ein schönes Gefühl. Nach einem Bonifikationssprint fanden wir uns
plötzlich zu sechst vorne, Ballerini von Mapei, Jeker von Festina, Heppner und Lombardi
von Telekom, Richard und ich von Casino. Und da war klar, alles oder nichts, wir sind so
60 km lang immer ca. eine Minute vor dem Feld gefahren, bis sie es endlich aufgegeben
haben. Es war hart und sau schnell. Nach 130 km Flucht sind wir dann aber mit 13 Minuten
Vorsprung im Ziel eingetroffen. Die Etappe hätte ich zwar gerne gewonnen, aber Telekom
hat sie mit Lombardi auch verdient. Und es ist besser, Telekom mit ihren noch sechs Fahrer
als Freunde zu haben... |
|
San Benedetto del Tronto, 17. März |
7. Et. Tirreno - Adriatico
Noch eine Etappe, dann wäre es geschafft. Wenn sie so läuft wie heute und es wieder
einen Sprint gibt, dürfte es reichen. Ballerini war heute etwas angeschlagen von gestern
und er hat keinen Versuch unternommen, mir noch die vier Sekunden abzunehmen. Hoffentlich
bleibt das auch morgen so. Zum Glück habe ich noch eine starke Mannschaft hier, die super
gearbeitet hat.
Eigentlich bin ich recht zuversichtlich, aber eben, sicher bin ich erst nach der
Zieleinfahrt |
|
Milano, 18. März |
8. Et. Tirreno - Adriatico
Ich habe es tatsächlich geschafft! Ich habe den Tirreno - Adriatico gewonnen, ein
schönes Gefühl. Die Etappe war sehr ruhig verlaufen, alle waren kaputt und so gab es
für mich keine Probleme mehr. Es ist unglaublich, wieviele Freunde und Kollegen man
plötzlich hat. Auch die andern Rennfahrer waren alle sehr höflich zu mir, und fragten
mich vorher, ob sie auf die Bonifikationen fahren dürfen, oder ob ich sie allenfalls im
Finale fahren lasse. |
|
Milano, 20. März |
Die zwei Ruhetage hatte ich doch nötig. Endlich wieder einmal etwas Zeit für mich
selber. Mein Koffer neu zu ordnen, Wäsche zu waschen, und einfach nur zu sein. Irgendwie
habe ich aber noch nicht realisiert, dass ich mit dem Tirreno eine grosse Rundfahrt
gewonnen habe. Morgen steht die einfachste und gleichzeitig schwerste Classic des Jahres
an. Meine Beine sind sehr gut, die Moral noch besser..... Aber eben, es wird schwer, weil
alle wissen, wo das Rennen läuft. |
|
Nizza, 21. März |
Mailand - San Remo 294 km
Mit meiner Leistung bin ich sehr zufrieden, ich konnte an der Cipressa, am Pioggo und auch
auf dem letzten Kilometer noch angreifen. Leider kam ich aber nie entscheidend weg und am
Schluss schaute "nur" der 15. Platz heraus. Das nervt mich ein bisschen, aber
immerhin gehörte ich zu den stärksten Fahrer und ich hoffe nun, dass jetzt alle
begriffen haben, dass mir der Tirreno auch mit nur 50 Fahrern nicht geschenkt wurde. Für
die Zukunft ist es aber eine schöne Sache, dass ich an einem Weltcuprennen nie in Gefahr
kam, abgehängt zu werden. Wenn es nur so weitergehen könnte! (Habe ich Fehler gemacht,
dass ich nicht weiter vorne bin?) |
|
Lloret del Mar (E), 22. März |
Ich habe einen kompletten Ruhetag gemacht, den ich mir nun redlich verdient habe. Ich
will ja schliesslich nicht total kaputt aus der folgenden Setimana Catalana herauskommen.
Ich werde auch hier versuchen, auf das Gesamtklassement zu fahren, vielleicht unter die
ersten 10 ? Oder einen Etappensieg bevor ich nach Hause gehe wäre auch nicht schlecht.
Wir schauen mal. Ich bin mit meinem Rennen von gestern immer weniger zufrieden, es wäre
von meiner Kraft her viel, viel mehr dringelegen. |
|
Lloret del Mar, 23. März |
1. Et. Setimana Catalana 180 km
Jetzt weiss ich wieder, was leiden heisst. Ich hatte sehr dicke Beine und kam kaum einen
Berg hoch, aber immerhin beendete ich das Rennen in der ersten, etwa 70 Fahrer starken
Gruppe. Um den Sieg mitzufahren hatte ich aber keine Chance. Aber, man staune, wir haben
die Etappe doch gewonnen. Stephan Barthe gewann im Sprint vor Eric Zabel (er war heute
auch noch etwas von den 300 km gezeichnet). Das macht für unsere Mannschaft den 15.
Saisonsieg mit neun verschiedenen Fahrern. Langsam unheimlich! (Unser Geheimprodukt
scheint wirklich etwas Wert zu sein!) |
|
Roses, 24. März |
2. Et. Setimana Catalana 164 km
Ha, ich konnte endlich wieder einmal die Arme hochreissen! Wir waren noch 22 Fahrer, als
ich 12 km vor dem Ziel angriff. 12 km können unendlich lang sein, vor allem wenn man nie
mehr als 15 Sekunden Vorsprung hat. Ich konnte dann aber noch 4 Sekunden über die Linie
retten, auf den letzten 100 m habe ich sicher noch 5 Sekunden verloren, aber ich musste es
einfach geniessen.
Ach ja, das Leadertricot habe ich auch noch, aber morgen gibt es eine Bergankunft auf
1800m. |
|
Berga, 25. März |
3. Et. Setimana Catalana 175 km
Nichts für ungut, das Leadertricot habe ich verloren, die Moral aber behalten. Der letzte
Berg war doch etwas lange und steil für mich. Die ersten steilen 5 km hatte ich keine
Probleme, die zweiten 5 km lief es mir in der Spitzengruppe nicht schlecht, die letzten 5
km war ich dann "en bloc" bis ich 1,5 km vor dem Ziel explodierte und
wahrscheinlich noch über zwei Minuten verlor. Aber was solls, besser gestern
gewonnen und heute hinten, wie zweimal dritter. |
|
Barcelona, 26. März |
4. Et. Setimana Catalana 204 km
Massensprint, nichts besonderes. Ich hatte wenigstens heute Zeit, mit meinen Kollegen im
Feld etwas zu plaudern. Und auch seine Verpflegung während dem Rennen konnte man in Ruhe
essen. Langsam aber sicher habe ich von den Schinkenbrötli, Aprikosentörtli, Honig- und
Konfiturebrötlein die Nase voll. Die Energiebarren kann ich schon lange nicht mehr
anschauen. Es wäre doch mal was anderes, während dem Rennen eine kleine Omelett, oder
ein Stückchen kalte Pizza, oder ein Bananenbrötlein mit Nutella, oder eines mit
Mozarella und Thon! Und dann in der Verpflegung eine kalte Büchse Cola! Die Bidons mit
Wasser schmeisse ich nämlich weg, wenn sie noch voll sind. Ich freue mich auf zu Hause,
dann gibt es wieder einmal Rösti, Reis Cazimir oder Kartoffelkroketten. Die ewige
Pasta-Esserei reicht mir auch. |
|
Barcelona, 27. März |
5a. und 5b. Etappen Setimana Catalana 70 km und Zeitfahren 12 km
Zülle hat das Zeitfahren gewonnen, der zweite Schweizer dieses Jahr, der ein Rennen
gewinnt. Ratet mal, wer der erste war..... Ich bin gespannt, was ich für eine Zeit
gefahren bin. Das Gefühl war nicht schlecht, aber ganz gut war ich wahrscheinlich nicht.
Ob es mir für den zehnten Gesamtrang gereicht hat, oder bin ich nur 12?
Etwas Erholung zu Hause und dann kommt die Flandernrundfahrt. |
|
Zihlschlacht, 1. April |
Ich bin doch etwas müde von den letzten drei Wochen, so habe ich es bis jetzt zu
Hause etwas ruhiger genommen. Für die Flandernrundfahrt von nächstem Sonntag muss ich ja
wieder voller Tatendrang sein.
Seit dem 23. März werde ich von allen möglichen Leuten auf mein Geheimprodukt
angesprochen, dass wir Casino Fahrer haben. Natürlich werde ich es nicht ganz verraten,
sonst haben wir ja keinen Vorteil mehr! Nur so viel, sein Name lautet G-Niniart, aber wo
man es erhält, sage ich niemandem! |
|
Zihlschlacht, 3. April |
Die Koffer sind wieder gepackt, die Büroarbeiten noch nicht ganz erledigt und für
die Flandernrundfahrt bin ich noch nicht nervös. Eigentlich ein schlechtes Zeichen, aber
wenn ich in Belgien eintreffe, wird sich das noch ändern.
Die Erholung diese Woche tat gut, vielleicht habe ich aber etwas zuwenig gemacht. Bis
jetzt habe ich nur 9 Stunden trainiert. Wenn das Wetter gut ist, werde ich morgen noch
zwischen zwei und drei Stunden in Belgien herumfahren, so dass ich dann an der Flandern am
Start nicht allzu dicke Beine habe. |
|
Zihlschlacht, 6. April |
Ich sitze hier am Pult und meine Beine schmerzen noch immer von der Flandernrundfahrt.
Die letzten 30 km waren sehr, sehr quälend, obwohl ich abgehängt war. Aber bis ins Ziel
wollte ich schon noch kommen. Am Anfang war ich gar nicht so schlecht, auch bei den
entscheidenden Passagen wie die Mauer von Kwaremont war ich immer schön vorne. Leider
stürzte ich dann am Patersberg, und weil der zu steil ist, um anzufahren, musste ich da
100 m zu Fuss gehen. Die darauffolgenden 10 km waren sehr hart, bis ich das Spitzenfeld
wieder einholte, dafür war ich danach total kaputt. Ich quälte mich noch mit dem Feld
über die nächsten drei Berge, bis sie mich 35 km vor dem Ziel abhängten. Es war halt
nicht mein Tag, enttäuscht bin ich eigentlich nicht, auch wenn ich mir viel mehr
vorgenommen hatte. |
|
Zihlschlacht, 10. April (morgens) |
In den letzten drei Tagen habe ich nun 15 Stunden trainiert. Ich musste irgend etwas
unternehmen, um die schlechten Beine der Flandernrundfahrt zu vergessen. Nun habe ich das
Gefühl, dass es wieder gut geht. Es wäre schon schön, wenn ich die Flèche Wallone und
Lüttich gut fahren könnte. Aber der erste kleine Test wird am Ostermontag an einem
Kriterium in Uzwil sein, wo ich meine Spurtkraft etwas trainieren kann. |
|
Zihlschlacht, 13. April |
War das ein Sauwetter! Ich fuhr ein Kriterium in Uzwil (fast ein Heimrennen) bei
Schneetreiben, Regen und Kälte. Am Ende der 88 km war ich so ziemlich ein einziger
Eisblock und an der Siegerehrung auf dem Stockerl (2.) fror ich noch viel erbärmlicher.
Morgen geht's nach Belgien an die Flèche Wallone, hoffentlich nicht mehr ganz so kalt. |
|
Namur (B), 14. April |
Hier ist das Wetter auch nicht besser. Aber die Startnummer ist schon auf dem Trikot
aufgeklebt (Nr. 56, sollte mir eigentlich Glück bringen) und auch die anderen Utensilien
liegen bereit, Unterleibchen, Trikot, Armstulpen, Gilet, Rennhosen, Schuhüberzüge und
Handschuhe. Dazu kommt je nach Kälte noch ein Langarmtrikot, Regenschutz, Stirnband und
eventuell die knielangen Rennhosen, das sollte dann für die 201 km reichen, auch wenn es
schneit! |
|
Namur, 15. April |
Flèche Wallone 201 km
Ich liess mir vom Masseur vor dem Start wieder einmal eine wärmende Creme einreiben, bei
diesem Sauwetter. Aber nach dem Rennen habe ich es, wie immer, bereut. 1. wärmt sie erst
richtig unter der Dusche und das brennt ganz fürchterlich und 2. muss man eine halbe
Stunde reiben, bis der ganze Dreck weg ist.
Ach ja, Hamburger hat gewonnen, Elli dritter, wenn das nicht Klasse ist.... Mir lief es
ganz gut, aber irgend jemand muss ja noch etwas für die Mannschaft arbeiten. |
|
Lüttich, 16. April |
80 km, flach mit starkem Rückenwind, so ist Velofahren schön. Und wir sind gut in
Lüttich angekommen. Morgen werden wir das Finale vom Sonntag abfahren. |
|
Lüttich, 17. April |
Uhiii, der neue Berg 10 km vor dem Ziel ist sehr schwer. Überhaupt, bei den letzten
130 km die wir gefahren sind, kommt ein Berg am anderen. Das wird am Sonntag ganz schwer.
Wie immer wird das Ausscheidungsrennen an der Cote de Wanne beginnen, dann nach der La
Redoute werden nur noch wenige Fahrer vorne sein und an dem neuen Berg vor dem Ziel wird
die Entscheidung endgültig fallen.
Aber wenn ich am Sonntag die gleichen Beine habe wie heute, werde ich nach der La Redoute
noch dabei sein und dann werden wir ja sehen. Obwohl das Rennen hier eigentlich ein
bisschen zu schwer für mich ist. Aber man weiss ja nie.
Seit dem 1. Januar 11005 km und seit 1. Dezember 2500 km mehr. |
|
Lüttich, 18. April |
Ich habe die letzten par Kilometer vom Amstel-Gold-Race abgefahren, danach den
Albertkanal entlang nach Lüttich zurück. Hier kenne ich die Gegend gut, eigentlich
fühle ich mich hier fast wie zu Hause.
Diesen Nachmittag hatten wir noch eine Mannschaftspräsentation in Lüttich. So was hasse
ich, aber es gehört halt zu unserem Leben als "Zootiere", alle Bewundern uns,
wollen mit uns sprechen, wollen Autogramme, klopfen uns auf die Schulter. Manchmal ist es
ganz nett so, aber manchmal auch nicht. Was nicht heissen soll, dass ich mich über Emails
nicht freue, die kann man erledigen, wenn man Lust hat! |
|
Valencienne (F), 19. April |
Lüttich-Bastogne-Lüttich 266 km
Ich bin zufrieden, am Anfang habe ich die richtige Gruppe erwischt, ich habe dann für die
Mannschaft gut gearbeitet und war bis 40 km vor dem Ziel eigentlich immer mit den Besten.
Die Form stimmt immer noch, und jetzt hoffe ich natürlich auf das Amstel-Gold-Race vom
nächsten Samstag, "mein" Rennen. |
|
Rue (F), 21. April |
Côte Piccarde 190 km
Ich war mindestens in fünf verschiedenen Fluchtgruppen, aber es hätte nicht sein sollen.
Wir sind immer wieder eingeholt worden. Kein Resultat aber doch zufrieden. |
|
Valencienne 22. April |
Ich habe einen Durchhänger. Das Rennfahrerleben ist mir verleidet. Von Hotel zu
Hotel; schlafen, essen und fahren; Rennkleider, Trainer und Pyjama; Rennfahrer, Masseure
und Mechaniker. Es ist immer das Gleiche. Nur einmal wieder mit normalen Kleidern unter
normale Leute in ein Einkaufszentrum, einen Hamburger essen und nichts mit Velos zu tun
haben. Das ist doch nicht zuviel verlangt? Ich freue mich wieder auf zu Hause. Und
irgendwann werde ich wohl auch mal Ferien haben, oder wenigstens einige Tage frei, ohne
Velo. |
|
Valencienne 23. April |
GP Denain 191 km
Mit dem Erfolg von heute hat unsere Mannschaft jetzt 28 Saisonsiege. Am meisten von allen.
Mir lief es recht gut, auch ohne alle Kraft zu verschleudern, schliesslich will ich am
Amstel-Gold-Race noch etwas können. |
|
Lüttich 24. April |
Ich werde schon etwas nervös auf morgen. Hoffentlich läuft es mir gut. |
|
Brüssel, 25. April |
Amstel-Gold-Race 257 km
Ich habe es immer noch nicht ganz realisiert. Von Interview zu Interview, Fernsehen und
weiss ich noch alles. Aber es scheint wahr zu sein, ich habe das Amstel zum zweitenmal
gewonnen! Ein super Gefühl. Und ich war gut heute, hatte super Beine und einen klaren
Kopf, dazu noch Glück und schon gewinnt man ein Weltcuprennen, ziemlich einfach, oder? |
|
Zihlschlacht, 27. April |
Endlich, endlich etwas Ruhe. Die letzten zwei Tage war Stress pur, alle, aber auch
alle wollten etwas von mir. Jetzt geniesse ich es aber um so mehr. Erfolg haben ist halt
auch nicht einfach, aber sicher immer schöner als wenn ich abgehängt bin, und keiner
etwas von mir wissen will. Tausend Dank für alle die Emails, die ich seit Samstag und in
letzter Zeit bekommen habe, die Antworten werden halt noch etwas dauern, ich will ja noch
weitere Rennen gewinnen und nicht nur vor dem Bildschirm sitzen.
Das Velofahren ist sehr, sehr schön. |
|
Zihlschlacht, 29. April |
Der erste Stress ist vorbei und nun habe ich endlich etwas Zeit für die Familie und
die Büroarbeiten (die Rechnungen müssen trotz einem Erfolg bezahlt werden). Ab morgen
wird auch die Erholung, oder besser gesagt, das reduzierte Training zu ende sein. Drei
Stunden in drei Tagen.
Hier noch einige Antworten, auf Fragen von Emails:
Ich werde die Tour de France nicht fahren! Dafür jetzt Tour de Romandie und Giro
d'Italia, Tour de Suisse.
Im Sprint gegen Den Baker fühlte ich mich sicher, als ich es im Fernsehen sah, wurde ich
aber sehr nervös.
Da ich im Moment kein Grundlagentraining betreiben muss, reichen auch Ausfahrten von 4
Stunden länge oder auch kürzere, dafür etwas intensivere. Meine Pulswerte
Grundlagentraining 125-150, Mittel 150-165, Schwellentraining 165-175, meine anerobe
Schwelle 175, Maximalpuls 195.
Anzahl Renntage 1998 - 35 Rennen
Fettanteil 7%
Meine nächsten Ziele : Sommerferien mit der Familie
Und für die, die es immer noch nicht gemerkt haben: Unser Geheimmittel G-Niniart liest
man besser Rückwärts. |
|
Zihlschlacht, 30. April |
Ich wohne wirklich in einer schönen Gegend. Blühende Bäume, gelbe Wiesen und
schönes Wetter, so macht ein lockeres Training von vier Stunden wirklich Freude. Ich habe
es genossen, mit meinem Freund Alex Zülle herum zu pedalen, und die nächsten Rennen
werden wir gemeinsam fahren, als Gegner.
Nochmals wegen den Emails. Leider ist es mir unmöglich, alle Anfragen wegen kurzen
Trainingsanleitungen zu beantworten, erstens brauche ich dabei zu viel Zeit (ich muss auch
noch trainieren!) und zweitens ist es ja ziemlich individuell. Dafür ein kleiner Trost.
Am 31. Oktober und am 14. November gebe ich in Winterthur ein Trainingsseminar für
Hobbyfahrer, wo so ziemlich alles zur Sprache kommt. Mit Conconi-Test und individueller
Trainingsanleitung. Wer Interesse dafür hat, kann sich bei mir direkt oder unter
check-up@bluewin.ch anmelden oder Unterlagen anfordern. Ach ja, die Kosten betragen für
den ganzen Tag 240.- sFr. und max. 20 Teilnehmer. Wer nicht bis dahin warten will, dem
kann ich den SPORT Check-up in Winterthur, Dr. Egger, sehr empfehlen. Für eben
Leistungstest mit Bestimmung der optimalen Trainingspulswerten und Trainingsanleitung,
Fettmessungen ect. also alles, was mit Training und Gesundheit im Radsport zu tun hat.
Adresse: Römerstrasse 176, CH-8404 Winterthur Fax 052-243 00 63 oder Tel.: 052-243 00 64
oder check-up@bluewin.ch
(Das war etwas Werbung in eigener Sache, ist doch erlaubt, oder?) |
|
Zihlschlacht, 3. Mai |
GP Gippingen 192 km
Dass man mit so schlechten Beine noch im Verfolgerfeld ankommen kann, grenzt an ein Wunder
(oder gute Form!). Aber ich musste diese Woche Erholung machen, es war der letzte
Zeitpunkt bis an die Tour de Suisse, wo dies möglich war. Jetzt freue ich mich auf die
Tour de Romandie, die ich bestimmt gut fahren werde und eigentlich unbedingt eine Etappe
gewinnen will. |
|
Döttingen, 4. Mai |
95 km, das sollte für morgen eigentlich reichen. Für den Prolog bin ich eigentlich
nicht top motiviert, aber dann für die nächsten Etappen werden wir sehen. Ich habe schon
einmal die erste Etappe der Romandie gewonnen, vielleicht lässt sich das wiederholen. |
|
Döttingen, 5. Mai |
Prolog Tour de Romandie 4,8 km
Das hätte ich eigentlich nicht erwartet, dass ich mit so wenig Rückstand und so weit
vorne klassiert bin. Im nachhinein hätte ich noch besser sein können, ich bin etwas
langsam gestartet, habe auch zwei, drei Kurven nicht optimal gefahren und bei der kleinen
Steigung habe ich viel zu wenig gekämpft. Jetzt sehen wir morgen, da bin ich voll
motiviert, die Etappe könnte mir liegen. Es wäre schön, wenn morgen von Anfang an
schnell gefahren würde! |
|
Saucy, 6. Mai |
2. Etappe Tour de Romandie, 167 km
Schade, das wäre die Gelegenheit gewesen, wieder einen Sieg davonzutragen. Leider habe
ich auf dem letzten Kilometer etwas geschlafen als Dufaux angriff und ich habe zu stark
auf Bartoli geschaut. Immerhin habe ich noch den 6. Rang herausgefahren und in den Bergen
lief es mir super. Wenn es immer so wäre, hätte Pantani noch Konkurrenz. Ich glaube,
jetzt fahre ich doch auch etwas auf das Gesamtklassement, ein Rang in den ersten 10
könnte drinliegen. |
|
Montreux, 7. Mai |
2. Etappe Tour de Romandie, 186 km
Die Mannschaft Festina war heute in argen nöten. So stark sind sie wahrscheinlich nicht,
wie alle sagen. Wir von Casino aber auch nicht, im ersten Feld von etwa 40 Fahrern waren
wir nur noch zu zweit vertreten, Richard und ich. Und morgen steht die Königsetappe auf
dem Programm, das wird schwer, vor allem, weil meine Beine nicht mehr so gut waren wie
gestern. Aber mehr als abhängen können sie mich auch nicht und die andern Fahrer sind ja
auch müde. (Hoffentlich) |
|
Sion, 8. Mai |
3. Etappe Tour de Romandie, 151 km
Pantani muss vorerst keine Angst vor mir haben. Die andern Fahrer haben mir wieder einmal
die Augen geöffnet, ich verlor über 14 Minuten, obwohl ich bis am Schluss voll gefahren
bin. Ein schlechter Tag oder werde ich nie eine "Berggeiss"? Die Berge waren
auch sehr steil, das ist meine Ausrede von heute. |
|
Lausanne, 9. Mai |
4 + 5 Etappe Tour de Romandie
Am Morgen hatte ich sehr, sehr schlechte Beine. Da dachte ich schon, meine Form ist
endgültig vorbei. Beim Zeitfahren bin ich dann "locker" gefahren, das heisst,
einfach so, dass meine Beine nicht allzusehr geschmerzt haben. Die Strecke kannte ich auch
nicht und meine Muskeln aufgewärmt, was soll das? Ich bin ohne irgendwelche Moral
gestartet. Jetzt bin ich natürlich sehr erstaunt, ich bin so um den 30. Rang klassiert.
Bin ich doch noch in Form? Morgen bin ich sehr im ungewissen: wenn ich schlechte Beine
habe, bleibe ich den ganzen Tag im Feld sitzen, spüre ich aber noch etwas Zupf, werde ich
angreifen. Alles ist möglich. |
|
Zihlschlacht, 11. Mai |
Endlich wieder zu Hause im Stress. Na ja, so schlimm ist es auch wieder nicht, aber
die drei Tage bis zu der Reise nach dem Giro d'Italia sind schnell vorbei. Und was da noch
alles erledigt werden sollte...
Aber es ist ja schönes Wetter und beim Training kann man die Gegend wieder einmal richtig
geniessen |
|
Nizza (F), 14. Mai |
Das Unternehmen Giro d'Italia hat begonnen. Meine Ziele hier wären zwei Kilo
abzunehmen und vor allem nicht allzu kaputt in Mailand anzukommen. Es geht mir hier nicht
mal unbedingt, etwas zu gewinnen, sondern einfach mit einem guten Gefühl die 3900 km zu
überstehen. Das ich nicht von anfang März bis ende Juni in Hochform sein kann, ist mir
klar, darum nehme ich den Giro ein wenig als Vorbereitung für die Tour de Suisse, wo ich
dann wieder brillieren will.
Die erste Tat am frühen Abend hier in Nizza, meine Beine frisch rasieren, damit sie im
Prolog am Samstag mit Öl bestrichen schön glänzen und auf den Fotos einen guten
Eindruck hinterlassen! |
|
Nizza, 15. Mai |
Nach einem dreistündigen Training in den Bergen von Nizza und Monte Carlo bin ich
jetzt massiert und erholt. Beim Osteopaten war ich auch schon, er hat mir fast den Kopf
abgerissen, aber die Hals- und Rückenwirbel sind jetzt wieder in der richtigen
reihenfolge. Etwas zu essen wäre jetzt nicht schlecht, aber heute habe ich mich selber
auf Diät gesetzt, sonst bin ich morgen am Prolog blockiert. Heute Abend findet noch die
Mannschaftsvorstellung statt, eine Prozedur, auf die ich leicht verzichten könnte. |
|
Nizza, 16. Mai |
Prolog Giro d'Italia 7 km br> Nach einem kurzen Training nach Monaco von 90 Minuten
bin ich am Nachmittag dann noch eine Stunde warmgefahren vor meinem Start. Die Strecke
hatte nur drei Kurven, wobei man nur in der Spitzkehre bremsen musste. Aber es war hart,
auf den sieben Kilometern konnte man so nur für ca. 3 sec. aufhören zu treten. Irgendwie
habe ich das Gefühl, dass ich eine schlechte Zeit habe aber das werde ich erst wissen,
wenn alle im Ziel sind. Ich durfte nämlich schon als 19 Fahrer starten, der Prolog ist
also noch eine ganze weile im Gange. Ich trete eine Übersetzung von 54*14/13, dafür mit
einer relativ hohen Tretfrequenz. Die ersten werden da wohl 54*12/11 in Schwung halten! |
|
Cuneo, 17. Mai |
1. Et. Giro d'Italia 160 km
Nach einem fulminanten Start auf den Col d'Eze, wo wir einige Fahrer abgehängt haben, hat
sich nachher alles ein wenig beruhigt. Klar, das Finale war sehr schnell, aber ich bin
eigentlich fast erholt am Ziel angekommen, ich musste nicht alle Körner verschiessen.
Mit meinem Rang gestern am Prolog war ich doch positiv überrascht: 27 mit nur 16 sec
Rückstand auf den dritten. |
|
Imperia, 18. Mai |
2. Et. Giro d'Italia 160 km
Jetzt bin ich gespannt, ob die Jury ein Auge zudrückt. 1200 m vor dem Ziel sind mir drei
Speichen gebrochen, so dass ich die Fahrt nicht mehr fortsetzen konnte und so durch den
Radwechsel noch etwa zwei Minuten bis ins Ziel verlor. Wäre das ganze 200 m später
passiert, hätte ich nach dem Reglement die gleiche Zeit wie der Sieger. Hoffentlich
drücken sie ein Auge zu, allerdings glaube ich es kaum, leider. |
|
Forte dei Marmi, 19. Mai |
3. Et. Giro d'Italia 196 km
Ich habe mich mit dem Giro wieder versöhnt. Ich habe tatsächlich gestern über eine
Minute verloren, und deswegen war ich mit niemandem zufrieden, schon gar nicht mit den
Rennkomissaren. Aber heute sprintete ich im Massensprint etwa auf den 12 Rang, für mich
ganz gut. Überhaupt, bis jetzt war der Giro viel schöner als die Tour, immer gute
Hotels, sehr gutes Essen, gute Strassen und viel weniger gefährlich wie in Frankreich.
Viva l'Italia! |
|
Monte Argentario, 20. Mai |
4. Et. Giro d'Italia 239 km
Auf der Zusatzrunde habe ich am 5 km langen Berg angegriffen. Meine Beine waren ziemlich
gut, nur der Berg war leider 9 km und so hatte ich meine Kraft etwas schlecht eingeteilt
und bis am Schluss noch 9 Minuten verloren. Aber was soll's, jetzt habe ich wenigstens
begriffen, dass ich voll auf einen Etappensieg fahren kann. Morgen werde ich es das erste
mal probieren. |
|
Frascati, 21. Mai |
5. Et. Giro d'Italia 206 km
Wir haben nicht gerade unsere beste Mannschaft hier. Letzte in allen
Mannschaftsklassementen, fast das hinterste Begleitauto und wahrscheinlich bis jetzt auch
am wenigsten verdient von allen. 6 Tage kämpfen 340'000 Lire pro Fahrer, hoffentlich wird
es noch einiges mehr. |
|
Lago Laceno, 22. Mai |
6. Et. Giro d'Italia 163 km
Bravo Alex, Pantani wird heute nicht gerade die beste Moral haben, so wie Du an ihm
vorbeigezogen bist. Aber auch für Festina wird es jetzt noch sehr lange bis Mailand, um
das Feld zu kontrollieren. Ich werde mich aber bei diesen Kämpfen schön draussen lassen,
so wie ich am Anfang der Etappe gelitten habe, glaubte ich schon nicht mehr an ein fertig
fahren. Aber je länger die Etappe gedauert hat, desto besser lief es mir und dann bin ich
erst im Schlussaufstieg abgehängt worden. Ich habe es halt etwas gemütlicher genommen
als die ersten. |
|
Matera, 23. Mai |
7. Et. Giro d'Italia 238 km
Mama mia, bin ich kaputt. Den ganzen Tag rauf und runter. Im Moment sehe ich etwas
schwarz, dass ich hier noch einen Etappensieg herausfahren kann, und das ich gut in
Mailand ankomme steht auch noch in den Sternen. Ich weiss nur noch nicht, wie ich mich
hier erholen kann, nach jeder Etappe haben wir noch eine Stunde Autofahrt bis ins Hotel,
und vor dem Start auch wieder. Aber den andern Fahrern geht es ja auch nicht besser. |
|
Foggia, 24. Mai |
8. Et. Giro d'Italia 191 km
Als wir in den Seitenwind einschwenkten, schlief ich hinten im Feld den Schlaf des
Gerechten. Bis ich merkte, dass vorne das Rennen voll im Gange ist, war ich schon mit
dreissig andern Fahrern abgehängt! Auf der Fläche im Gruppetto! Eigentlich eine Schande,
dafür bin ich noch selten so erholt im Ziel eines Rennen angekommen. Jetzt kann ich dann
langsam ans angreifen denken. |
|
Vasto, 25. Mai |
9. Et. Giro d'Italia 167 km
Ich komme nicht vom Fleck! Am ersten und einzigen Berg war ich im hintersten Gruppetto,
ich war nicht in der Lage, dem Feld zu folgen. Nach langen 60 km haben wir das Feld dann
endlich wieder eingeholt und im Finale lief es mir dann gar nicht so schlecht. Ich komme
mir wie ein Traktor vor, ich kann lange fahren, dafür leider nicht schnell. Habe ich mit
53 Renntagen dieses Jahr wohl etwas zu viel gemacht? |
|
Macerata, 26. Mai |
10. Et. Giro d'Italia 212 km
Wir sind wieder auf dem Weg nach Norden. Hinter uns Süditalien, wo die Zuschauer noch
fanatischer sind, da muss man die Brillen, Mützchen, Velokomputer und Bidons mit beiden
Händen halten, sonst sind sie unwiderruflich weg und irgend ein Fan brüstet sich damit.
David Lefèvre von unserer Mannschaft haben sie die Brille während dem Bergauffahren von
der Nase geklaut! |
|
San Marino, 27. Mai |
11. Et. Giro d'Italia 220 km
Je länger ich im Radsport dabei bin, desto weniger verstehe ich davon. Die Taktik, die
gewisse Mannschaften haben, sind ein Buch mit sieben Siegel. Früher kapierte ich diese
Sachen noch, aber heute? Bin ich dümmer geworden oder der Radsport komplizierter? Oder
wahrscheinlicher, wissen diese Mannschaften selber nicht, was sie machen sollen? Aber was
soll's, ich bin heute gut angekommen, nicht allzu müde und irgend wie habe ich das
Gefühl, dass es mir von Tag zu Tag besser geht. |
|
Carpi, 28. Mai |
12. Et. Giro d'Italia 202 km
Es war nicht mein Tag. Ich war der erste, der nach dem Start aus dem bummelnden Feld
ausreissen wollte. So was ist zwar nicht meine Art, aber irgendwann muss man es ja
probieren. Aber als wir 15 Fahrer nur immer 30 Sekunden Vorsprung hatten, gaben wir es
nach 40 km auf. 70 km später fuhren wir zu viert hinter einer Spitzengruppe her, bis wir
sie eingeholt hatten, etwas später stürzte ich und wieder auf die Verfolgung, als ich
zurückkam waren schon wieder andere 8 Fahrer weg, also wieder alleine nach vorne, und
dann war ich kaputt. Und so fuhr ich in der neuner Gruppe auf den glorreichen 8. Rang.
Super! |
|
Schio, 29. Mai |
13. Et. Giro d'Italia 166 km
Wieder einen Regentag mehr. Vom Wetter hängt eigentlich noch vieles ab. Angefangen vom
Luftdruck in den Pneus, der so um die 7,5 bar ist, eins tiefer als normal. Und wegen dem
Regenschutz in der Tricottasche hat man weniger Platz für die Verpflegung, dafür reicht
auch nur ein Bidon. Unter dem Helm trage ich noch ein Rennfahrermützchen, so laufen die
Regentropfen nicht innen an der Brille runter. Die Moral ändert sich übrigens auch, und
das Tempo in Abfahrt, in den Kurven..... |
|
Trieste, 30. Mai |
14. Et. Giro d'Italia 167 km
Wieder ein Ruhetag, den ganzen Tag hinten im Feld und in der Schlusssteigung sofort im
Gruppetto. Allerdings war der Start sehr schnell und ich in der zweitletzten Position
nicht gerade glücklich. So bis zu 55 km/h ging es noch, was dann aber schneller als 62
km/h war, spürte man in den Beinen sehr deutlich. Immerhin, im Windschatten konnte man
relativ kleine Gänge fahren, bei 55 etwa 53*14, bei 62km/h 53*12 und 53*11 brauchte ich
nur selten. In der ersten Stunde legten wir 51 km zurück, nachher verlangsamte sich das
Ganze deutlich. |
|
Trieste, 31. Mai |
15. Et. Giro d'Italia Zeitfahren 40 km
Km 1: |
Ich bin etwas langsam abgefahren, die Beine schmerzen noch überhaupt
nicht. |
Km 6: |
Nur nicht zu schnell, der Berg ist noch lang, und schön den 42 Kranz
drinlassen, auch wenn alle anderen 48 oder 52 fahren. |
Km 11: |
Der Bergpreis, etwas beschleunigen und dann voll bis ins Ziel. |
Km 11,5: |
Wieder etwas langsamer, die Beine schmerzen zu stark und gemütlich ins
Ziel. |
Km 18: |
Guter Rhythmus, Tretfrequenz 100, Pulsfrequenz 150, keine Beinschmerzen. |
Km 22: |
Zwischenzeit etwa 29 Min. Viel zu schnell, ich sollte bei 31 Min
passieren. |
Km 30: |
38 Min viel, viel zu schnell, ich habe noch 20 Min Zeit bis ins Ziel. Aber
vielleicht schaffe ich eine Schlusszeit von unter 50 Minuten? |
Km 35: |
1 Min 5 sek pro Kilometer, dieses Tempo beibehalten, dann kann ich die
letzten zwei noch langsam Fahren. |
Km 38: |
Genau im Fahrplan, jetzt noch ausplempern und dennoch weniger als 50
Minuten. |
Ziel : |
Zeit 49 Min 57 sek. |
Ich bin ein Arschloch, viel zu schnell gefahren, der Kontrollschluss wäre bei 58
Minuten gelegen. |
|
Asiago, 1. Juni |
16. Et. Giro dItalia 240 km
Morgen beginnen die grossen Berge und damit für mich das grosse Rechnen. Der
Kontrollschluss ist sehr, sehr knapp bemessen, das gibt Probleme. Morgen sind es für die
220 km lausige 37 Minütchen! Am Passo Duran verliere ich 12 Minuten, am Forcella
Staulanza 13, Marmolada 13, Passo di Sella 10, gibt zusammen 48 Minuten! Wo spare ich nur
die 11 Minuten ein? Also muss ich von anfang an voll fahren, Duran 5, Staulanza 10, Fedaia
12, Sella 8, gibt 35 Minuten, und die Abfahrten und Flachstücke muss ich gleich schnell
fahren wie die Spitze! Die Marschtabelle stimmt, kann ich sie aber einhalten? Das gibt
für sehr viele Fahrer Probleme, morgen in den Bergen. |
|
Selva di Val Gardena, 2. Juni |
17. Et. Giro dItalia 217 km
Die Marschtabelle stimmte fast, der Kontrollschluss war zwar nur 34 Minuten aber meine
Gruppe kam mit 32 Minuten Rückstand ins Ziel. 40 Fahrer hinter uns schafften das
Zeitlimit nicht und können morgen nach Hause fahren. Ich bin aber total fix und fertig im
Ziel angekommen, habe alles doppelt oder dreifach gesehen. Und ich werde den Passo di
Fedaia nie mehr mit dem Velo fahren. 39*25 habe ich hochgewürgt und gelitten, der Tacho
gab immer zwischen 9 und 12 km/h an, ziemlich deprimierend! Jetzt beginnt die Rechnerei
für morgen. |
|
Alpe di Pampeago, 3. Juni |
18. Et. Giro dItalia 115 km
Diese scheiss Berge, warum sind die hier in den Dolomiten immer so steil ? Immerhin bin
ich gut angekommen, zweitletzter zwar, aber nicht so müde wie gestern. Und ich habe alles
aus eigener Kraft geschafft, und nicht wie viele anderen, die sich von den
Mannschaftswagen ziehen liessen! Eine Schweinerei, und die Komissäre haben nichts
gesehen. |
|
Plan di Montecampione, 4. Juni |
19. Et. Giro dItalia 239 km
Ich habe mich wieder einmal bis ins Ziel durchgekämpft. Am Start glaubte ich noch nicht
so recht daran, aber dann ging es besser als erwartet. Dafür habe ich geschwitzt wie 8
Stunden in einer Sauna. Es vielen keine Schweisstropfen mehr herunter, sondern ganze
Bäche und in den Rennschuhen hat es "geflutscht" wie bei Regenwetter. Mit
trinken bin ich nicht nachgekommen, am Ziel war ich 5 Kilo leichter als am Start! |
|
Mendrisio, 5. Juni |
20. Et. Giro dItalia 147 km
So, der Giro ist gelaufen (für mich), noch zwei "Ruhetage" und dann geht es
nach Hause. Endlich etwas Zeit, um all die kleinen Schwachstellen am Körper zu pflegen.
Seit 20 Tagen jeden Tag am Limit, das hinterlässt spuren. Wenn ich allerdings etwas
genauer überlege, habe ich ja gar nichts! Aber einen Ruhetag könnte ich doch einmal
brauchen, wenigstens einmal wieder alleine etwas Radfahren und nicht immer in irgend einer
Gruppe und mein Tempo den andern anpassend. |
|
Mendrisio, 6. Juni |
21. Et. Giro dItalia Zeitfahren 34 km
Ich bin doch mehr angeschlagen von dieserRundfahrt, als ichdachte. Bis zur Zwischenzeit
bin ich vollgefahren was ichhatte, ich wollte unbedingt da in denersten Zehn sein, umetwas
Geld zu verdienen. Nachher bin ichdann fast gemütlichden Rest bis ins Ziel gefahren.
DieEnttäuschung folgte dan amAbend, als ich die Resultate sah, bei der Zwischenzeit nur
24. Keine müde Lire gewonnen. |
|
Mailand, 7. Juni |
Schlussetappe Giro dItalia 167 kmSo schlecht war ich selten, ich konnte
dembummelnden Feldnur knapp bis auf den Rundkurs in Mailandfolgen. Zum Glückwar dann die
Runde bei Dauerregen sogefährlich, dass wir bisins Ziel langsam gefahren sind! Und jetzt
nach Hause, morgen berühre ichkein Velo und esseeine Olmabratwurst. |
|
Zihlschlacht, 14. Juni |
Auch diese Woche ist schon wieder um. Viel Trainiert habe ich nicht, ich war viel zu
kaputt, hatte keine Moral oder war etwas krank. Insgesamt nur gerade 10 Stunden, aber im
Moment geht es mir wieder recht gut und für die Tour de Suisse bin ich hoch motiviert.
Ein letztes Aufbäumen vor meiner Rennpause. |
|
Biel, 15. Juni |
Schon bin ich wieder unterwegs. Jetzt muss ich aber noch die richtige Einstellung für
diese Tour de Suisse finden. Im Moment habe ich sie noch nicht, aber ich habe noch 36
Stunden Zeit, bis ich um halb fünf Uhr morgen beim Prolog starte. Bei Gewitter könnte es
noch ein Vorteil sein, dass ich im ersten Drittel starten kann. |
|
Biel, 16. Juni |
Prolog Tour de Suisse 5,6 km
Der Fahrer vor mir startet, noch eine Minute. Ich schnappe meine Zeitfahrermaschine und
steige die drei Treppenstufen zur Startrampe hinauf. Ich sitze auf das Velo, ein
Starthelfer hält es, damit ich meine Schuhe in die Pedale einklicken kann. Noch 30
Sekunden. Ich richte mich auf, klappe das Helmvisier langsam herunter. Das ist immer der
magische Moment, an dem mein Zeitfahren beginnt. Ein letzter Blick, ob die richtige
Übersetzung bereit ist. 15 Sekunden. Noch dreimal tief durchatmeten, während die
Fotoapparate der Journalisten klicken. Piep, piep, piep, piep, piiiip. Die Muskelfasern
ziehen sich zusammen, die Beinschmerzen beginnen. |
|
Villars, 17. Juni |
2. Et. Tour de Suisse 179 km
Unten in der Schlusssteigung war ich ganz vorne, alles oder nichts. Es war nichts, ich
verlor dann noch etwa 7 Minuten. Aber egal, jetzt kann ich schon ganz beruhigt auf
Etappensieg fahren, ohne dass sofort alle Mannschaften hinter mir her fahren. Aber
irgendwie komisch, ich bin voll gefahren, aber schon 10 Minuten nach meiner Zieleinfahrt
fühlte ich mich erholt. Ist das ein gutes oder schlechtes Zeichen? Morgen werde ich es
sehen. |
|
Ullrichen, 18. Juni |
3. Et. Tour de Suisse 160 km
Ich bin etwas enttäuscht. Ich war der letzte Fahrer, der vom Spitzenfeld vor dem Ziel
noch abgehängt wurde. Es fehlte nur ganz wenig, aber eben, es fehlte was. Dabei habe ich
mir für diese Etappe einiges vorgenommen. Aber irgendwie komisch, ich konnte nicht
schneller fahren, war am Limit, aber kaum abgehängt, war ich schon wieder erholt, leider
zu spät. Wahrscheinlich habe ich doch schon etwas zu viele Renntage, dieses Jahr bis
jetzt 70. |
|
Varese (I), 19. Juni |
4. Et. Tour de Suisse 208 km
Diese Tour de Suisse läuft nicht gerade so, wie ich es gewünscht habe. Da bin ich im
Ziel jeweils froh, wenn ich sofort in unseren Campingcar verschwinden kann und vor den
Fragen der Leute etwas geschützt bin. Da kann ich mich in Ruhe umziehen und ein kaltes
Cola gegen den Frust trinken. Am Morgen bin ich dann meistens wieder motiviert, und
irgendwann wird auch hier meine Etappe kommen, wo nicht immer alle an meinem Hinterrad
hängen. |
|
Lenzerheide, 20. Juni |
5. Et. Tour de Suisse 239 km
Zum Glück konnte ich den Splügenpass mit 14 Minuten Vorsprung beginnen, auf der
Passhöhe, 30 km später und 1900 m höher, waren es gerade noch 30 Sekunden. Dafür bin
ich dann mit der Spitzengruppe relativ locker bis unten am Schlussaufstieg mitgekommen,
bis es mich endgültig parkiert hat. Aber ich bin lange vor meinen Kollegen aus dem
Gruppetto ins Ziel gekommen. Hoffentlich läuft das morgen auch so. |
|
Lenzerheide, 21. Juni |
6. Et. Tour de Suisse 156 km
Ich war noch selten so kaputt wie jetzt. Während der Etappe ging es noch relativ gut, ich
bin weit vor dem letzten Gruppetto ins Ziel gekommen, aber im Moment fühle ich mich noch
schlechter als auf dem Velo. Ich kann auch die Köpfe meiner Teamkollegen und Masseure
nicht mehr sehen. Wir leben die ganze Zeit eng zusammen, und jetzt ist es Zeit, dass ich
mich auch davon erholen kann. Ich bin ferienreif! |
|
Morschach, 22. Juni |
7. Et. Tour de Suisse 163 km
Ich hatte zwei Pflöcke aus Holz, die heute versuchten, in die Pedalen zu treten. Mit ach
und Krach konnte ich wenigstens meistens dem Feld folgen, und als ich einmal abgehängt
wurde, war vorne die Bahnschranke unten. Manchmal braucht man auch etwas Glück. Aber
jetzt freue ich mich noch mehr auf meine Ferien nach dieser Schweizerrundfahrt. Aber
morgen versuche ich es trotzdem noch einmal. |
|
Bern, 23. Juni |
8. Et. Tour de Suisse 186 km
Auch diese Etappe wäre geschafft. Es ging etwas besser als gestern, obwohl wir noch
schneller gefahren sind. Und mit dem Sieg von Niki Aebersold bin ich auch sehr zufrieden,
obwohl er in einer gegnerischen Mannschaft fährt. Die jungen Fahrer vom Post Swiss Team
beeindrucken mit ihrer Fahrweise, so hätten sie sogar einen Startplatz an der Tour de
France verdient! |
|
Bern, 24. Juni |
9. Et. Tour de Suisse, Zeitfahren 30 km
Auch wenn wir nicht die stärksten sind, heute hatten wir es mindestens lustig. Richard
hat einen vollen Eimer Wasser vom Hotelfenster aus, über den Kopf bekommen. Auch zwei
Masseure mussten dran glauben. Den sportlichen Leiter haben wir leider verfehlt.
Noch genau einen Tag und die Ferien können fast beginnen, ich freue mich auf morgen
Abend. Wenn ich nur die Etappe noch gut "überleben" und im Gesamtklassement
noch zwei Fahrer überholen könnte, dann würde ich noch 10 von den wichtigen Uci Punkte
gewinnen. |
|
Zihlschlacht, 25. Juni |
10. Et. Tour de Suisse 186 km
Ich habe es tatsächlich geschafft, ich fuhr im Gesamtklassement noch auf den 48 Rang und
habe somit noch 10 Punkte ergattern können. Meine gesammelten Punkte 1998 : 671. Jetzt
bin ich aber froh, dass es fertig ist. Für eine Woche werde ich jetzt höchstens eine
Stunde täglich trainieren und dann an den nationalen Meisterschaften schauen, was ich
noch kann. |
|
Zihlschlacht, 30. Juni |
Seit ende der Tour de Suisse bin ich noch nie auf dem Velo gesessen. Im Moment habe
ich null Bock darauf. Aber morgen beginne ich ein wenig, so dass ich die
Schweizermeisterschaften wenigstens fertig fahren kann. Ich bin auch sonst genug im
Stress, gestern war der Spatenstich meines neuen Hauses. Da gibt es einiges zu tun. Wer
übrigens mein jetziges kaufen will, kann sich bei mir melden.... |
|
Zihlschlacht, 5. Juli |
Schweizermeisterschaften
Ich wusste es, Beine wie Gummi, ein Herz dass nicht nachkam mit Blutpumpen und Säure bis
in die Armen. Nach 100 km setzte ich meiner Leiderei ein Ende und ging unter die Dusche.
Aber eben, nicht erstaunlich, in den letzten 10 Tagen fuhr ich gerade mal 70 km. Null Bock
auf Velo. Nicht ganz, ein wenig freue ich mich doch, in einer Woche wieder mit dem
Training zu beginnen. In einer Woche und nicht jetzt! |
|
Zihlschlacht, 7. Juli |
Ich geniesse meine freien Tage ohne Velo, langweilig wird es mir aber sicher nicht.
Und ich bin froh, dass ich die Tour de France nicht fahren muss. Alex Zülle wollte mir
sein Trikot zur Verfügung stellen, so dass ich an seinem Platz dieses Rennen fahren
sollte, aber da muss er die Trikottaschen schon mit viel Geld füllen, dass ich
einwillige. |
|
Zihlschlacht, 9. Juli |
Heute wäre ich schon nach Dublin abgereist, wenn ich die Tour fahren würde. Aber es
ist viel besser so, ich freue mich schon wieder auf nächsten Montag, wenn ich mit dem
Training beginnen werde. Anfangs wohl noch mit etwas schweren Beinen aber dann ab Mitte
August sollte ich wieder gut "zwäg" sein. |
|
Zihlschlacht, 11. Juli |
Morgen beginne ich wieder mit dem Training. Ich habe es um einen Tag vorverschoben, es
juckt mich bereits wieder. |
|
Zihlschlacht, 12. Juli, |
Begonnen habe ich doch noch nicht. Es war so schön Wetter, dass ich eine Velotour mit
meiner Familie vorzog. So kommen auch sie etwas in Form. Aber morgen um neun Uhr starte
ich die Vorbereitungen für meine Herbstrennen.Die Tour de France fahre ich sicher nicht,
auch wenn ich in einigen Startlisten mit der Nummer 136 aufgeführt bin! Da anscheinend
sehr viele Leser dieser Seiten auf meine Liveberichte von der Tour warten, so live sind
sie dann halt nicht. Aber was ich heute schnell gesehen habe, reichte mir schon völlig.
Dass es Cippollini auf die Schnauze haut, ist doch sehr ungewöhnlich, sehr wahrscheinlich
war es sicher nicht sein Fehler. Und die ganze Dopingaffäre um Festina sieht recht
verzwickt aus. In der Haut dieses Masseurs will ich nicht gerade stecken, aber die
alleinige Schuld wird er nicht haben...... |
|
Zihlschlacht, 16. Juli |
Die ersten beiden Trainings verliefen vielversprechend. Gestern war ich dann
allerdings mit der Familie einen Tag im Basler Zoo, ohne Velo. Als ich abends nach Hause
kam, war mein Telefonbeantworter voll. Alles indirekt im Zusammenhang mit dem Skandal um
das Festina Team. Zum Glück bin ich nicht an der Tour. Was da teilweise von sogenannten
"Radsportexpertendoktoren" in der Presse ausgesagt wird, einfach lächerlich. So
schlimm kann das mit dem Doping im Radsport gar nicht sein, sonst hätte ich 12 Jahre lang
hinter dem Mond gelebt! |
|
Zihlschlacht, 17. Juli |
Wenn meine Tagebucheintrage etwas spährlicher ausfallen als auch schon, hat das nicht
damit zu tun, dass nichts läuft. Im Gegenteil, wegen dem Dopingskandal an der Tour
läutet auch mein Telefon hier pausenlos, Journalisten die etwas wissen wollen oder meine
Kollegen, um Meinungen auszutauschen. Es ist etwas ganz anderes. Am schweizer
Nationalfeiertag, am 1. August, darf ich in meiner Gemeinde die Rede halten. Da ich nicht
gewöhnt bin, sowas zu schreiben, geht die Zeit vor dem Komputer halt da drauf. Aber
trainieren tue ich schon noch, heute 158 km. |
|
Zihlschlacht, 21. Juli |
Bravo, schon die 2. Etappe die Casino in diser Tour de France gewinnt! Auch ein Bravo
für mich. Gestern sass ich acht Stunden auf dem Sattel.
Davos-Flüelapass-Reschenpass-Stelvio-Ovenpass-Susch. Den Stelvio fuhr ich ein bisschen zu
schnell hoch, alles mit 41* 19/21. Auf den letzten zwei Kilometer hat es mich aber dann so
richtig parkiert. Mit dem 23er Kranz kam ich kaum mehr hoch und im Passrestaurant musste
ich ein volle Stunde warten, bis ich wieder fähig war, etwas zu essen! |
|
Zihlschlacht, 23. Juli |
Morgen muss ich wieder an mein erstes Rennen nach der Pause reisen. Falls ich bis
nächsten Sonntag noch nicht zu Hause bin, bin ich irgendwo in einem Gefängnis
eingebuchtet! Spass beiseite, was jetzt in der letzten Woche mit dem Radsport läuft, ist
ja wirklich unwahrscheinlich. Ein Spiegel der heutigen Gesellschaft. Sportler, die keine
Ethik mehr haben, Sportmediziner die lügen, Dopingfahnder die Unwarheiten verbreiten, die
Presse die alles noch verdreht. Wem soll man da noch glauben? Solange ich mein Spiegelbild
am Morgen noch mit gutem Gewissen anschauen kann, werde ich noch weiter als Profi fahren,
mein persönlicher Ehrgeiz ist vorläufig noch nicht befriedigt. |
|
Zihlschlacht, 26. Juli |
Ich bin wieder zurück. Am Rennen in Spanien haben sie mich schon nach 50 km
abgehängt. Aber wen interessiert das schon? Alle wollen nur über die Dopingaffäre
Sachen erfahren. Ich als Radprofi komme mir im Moment wie ein Arschloch vor. Wenn ich
behaupte, nichts zu nehmen, glaubt mir keiner, wenn ich sage, ich nehm was, werde ich
gesperrt! Es ist an der Zeit, dass jetzt ein grosses Ausmisten kommt und man nachher
wieder von vorne Anfangen kann. Es werden wieder die gleichen vorne sein, aber ich kann
dann endlich auch mehr Rennen gewinnen. (Dieser Abschnitt ist nicht für die Presse
gemeint, sondern nur für die "normalen" Leser ) |
|
Zihlschlacht, 28. Juli |
Nach einem 150 km Training bin ich nachher noch mit meiner Familie einige Kilometer
velogefahren. Endlich konnte ich jemanden abhängen! Meine Nachfolge ist allerdings noch
nicht gesichert, mein ältester Sohn wird nie ein Rennfahrer, eine totale Mimose. Aber das
ist nicht weiter schlimm, er soll das machen, was ihn freut. Trotz all dem, was jetzt an
der Tour aufgedeckt wurde, ich kann einem jungen Mennschen den Radsport immer noch mit
einem guten Gewissen empfehlen. Wenn aber alle so schlechte Schauspieler sind wie Pantani
heute an der Tour...... |
|
Zihlschlacht, 31. Juli |
Mann oh mann, ich komme gerade von der Tour zurück, Chaos total. Zu der ganzen
Dopingsache muss ich nun doch noch meinen Senf dazugeben.1. Es ist ja wohl klar, dass
jeder Sportler auf die berühmte Frage, ob er auch dopt, nein sagt. Er nimmt schliesslich
nichts, und wenn er was nimmt, sagt er auch nein, denn sonst wird er für mindestens 6
Monate gesperrt. Es ist die gleiche Antwort, wie wenn jemand nach Schwarzgeld gefragt
wird. Da sagt man so oder so, man habe keins, denn sonst ist die Steuerfahndung hinter ihm
her.2. Ich glaube, dass alle Sportler für härtere Kontrollen sind. Nur was soll man
machen, wenn das verd..... EPO nicht gefunden werden kann? Nicht einmal in den
Haaranalysen.3. Was mit Rudolfo Massi im Moment passiert, weiss auch niemand. Die Polizei
wird ihre Gründe haben. Leider bin ich da zuwenig informiert.4. Bin ich glücklich, die
Tour nicht gefahren zu sein. Mein siebter Sinn? |
|
Zihlschlacht, 2. August |
Wir Schweizer hatten gestern am 1. August unseren Nationalfeiertag. Und wie das so
üblich ist, feiern wir den mit Feuerwerk und Ansprachen. In meiner Gemeinde durfte ich
dieses Jahr vor den Leuten reden. Auf Wunsch, hier meine kurze Rede ( 13 Min.). Ich hielt
sie auf Schweizerdeutsch. Wenn ihr nicht alles versteht, ist das nicht mein Bier.
Sehr verehrti Zihlschlachterinne und Zihlschlachter, Sitterdorferinne und Sitterdorfer,
sehr verehrti Gäst,
Es freut mi sehr, dass trotz dem missliche Wetter e so viel dä Wäg do ufe gfunde händ.
Ich nimm jetzt emol ah, dass alli nu wäge mir cho sind. Für mie isch es e chli
ussergwönlich, dass ich vor so viele Lüüt e Red halte söt. Normalerwiis fahri vor viel
Lüüt einfach nur stumm vorbi und wird agfüüret und i dä Interviu gsehn i nu grad dä
Reporter. Hüt isch es emol andersch, ich mue nöd nu uf Frooge antwort geh, sondern söt
öppis verzelle. Wen i erhrlich bin, bin i nervöser als vor dä Weltmeisterschaft. Woni
agfroget worde bin für die 1. Augustred hani ganz spontan jo gseit. Erscht spöter wo ni
ä chli drüber nodänkt ha und mir überleit ha, was mo do eso seit hani min Entschluss
ächli bereut. Aber woni mich echli intensiver mit dere Red beschäftiget ha, und jetzt,
wo alli interessiert do ufe lueget, do freuts mi würkli, das i dörf do vorne stoh. Es
isch für mi sowiso öppis bsunders amänä 1. August i dä Schwiiz s'zi. Als Chind hämer
dä Tag mit mim Grossvater, mit Fahne, Lampion und Fürwerk ufem Hummelberg gnosse. Ich ha
mir nie Gedanke gmacht, wiso dass mir da fiiret, Frauefürz und Ragete sind viel wichtiger
gsi. Jetzt als Erwachsene bini praktisch all Johr im Usland underwägs gsi und ha mir döt
nöd unbedingt Gedanke über üsen Nationalfiirtig gmacht. Was heisst eigentlich
Nationalfiirtig? Wörtlich heisst das doch, dass die ganz Nation en Tag lang fiiret? Bi
üs i dä Schwiiz hämer no vor wenigä Johr a üsem Landesgeburtstag müese schaffä und
i weiss nöd recht, ob mir a somene Tag Fiirtig säge chönd. Inzwüsche hämers au zumene
freie Tag broocht, aber so richtig grossi Fäscht gits bi üs doch nöd. Ich ha scho
mereri 14. Jüet in Frankrich mitgmacht und has Gfühl, döt isch das Fescht e risigs
Freudefäscht fürs ganz Volk. D'Lüüt firäd dä ganz Tag bis wit i d'Nacht. Alles isch
uf dä Bei, jedä firäd mit jedäm. I dä Schwiiz hät jede echli sis eige Fäschtli, mä
bliibt im chlinere Kreis und wet halt echli weniger Rummel. Sind do üsere Vorfahre
tschuld? Üseri drü Ureidgenosse händ dä Rüütlischwur jo im Gheime möse abhalte,
ohni vill Lüt drüber z'Informire und durda händs au nöd viel verschideni Asichte
müese bespreche und bedänke. Drüü Manne wo für ei Sach zämegstande sind und mitenand
öppis gschaffe händ. Hüt chönt mer sich das fascht nüme vorstelle. Doozmol isch
s'läbe schwerer gsi, aber s'regiere wohrschinlich eifacher. Do händ nöd vill Parteie
dringschwätzt und nomol drissg Intressegmeinschafte sbescht für sich wele usehole. Ich
beniid keine vo dä hüttige Rööt, nödemol üsere Zihlschlachter Gmeindrot. Wenn i
übrigens vo Zihlschlacht oder vo dä Zihlschlachter red, meini dänn immer au
Sitterdorfer oder Sitterdorf. Mängmol vergess i sie halt fascht echli, wils halt e chli
wiiter une ligget als Zihlschlacht. Mit witter une meini dänn uf keinesfall sie siget
üseri Untertane, sondern ich als Velofahrer lueg halt alles echli topografisch a, und da
liet Sitterdorf halt e stuck under Zihlschlacht. Weg däm beniid ich sie auch e chli, denn
wenn i vomene lange Training hai chum, wärs wohne Sitterdorf viel bequemer, i müesst dä
Stutz bim Bahnübergang nümme uffe fahre. Wenn i döt vobii fahre, sind meischtens au no
grad Schüeler uf em heiwäg und vo allne Siite rüefets: " Grüezi Herr
Järmann!" Ich mue mi ammel fescht zämene, dass i glichzitig schnell ufefahr und au
no zrugg Rüefe cha. E paar hundert Metter spööter, wenn sie mie nüme gsehnd, fahri
dänn wieder langsam, i muen ammel wieder zu Luft cho. Aber eigentli gfallt mir das no
recht guet, denn wo susch wird mer uf em Velo no grüesst? Da gfallt mir sowiso super do,
mä grüesst sich und haltet en Schwäz ab, wo mer wieder mit dä Dorfnews ufem neuste
Stand isch. Leider kenn i do eigentlich nonig viel Lüüt, im Summer bin i fascht immer
unterwegs und im Winter verchrüchet sich die meiste i ihrne warme Hüser. Also, wenn ihr
mi nögschtmol gsehn, dörfed ihr au mit mir rede, ich wüsst dänn sicher au wieder News,
villicht halt nu vom Usland und nöd vom Dorf. Schliessli bin i shalb Joor furt und
unterwegs und mue mi mit französisch, italienisch oder spanisch dureschloo. Aber au da
hät voorteil, me gseht über Grenze us und gseht so immer wieder viel anderi Sache. Und
mängmol merkt mer dänn, dass es au im Usland Sache hät, wo besser funktionieret als bi
üs i dä Schwitz. Es goht villicht mängmol echli Länger aber Lüüt händ däfür echli
meh Lebesfreud, sie gnüsseds halt echli mee, schaffed däfür halt es bitzeli weniger.
Und dänn dänki, öb nöd mir das au echli meh sötet pflege, nöd schaffe bis zum
umfalle, sondern alles andere däfür echli meh gnüsse. Dä Schwätz halt es bitzeli
länger, halt emol uf Post laufe, weder immer mit em Auto hi hetzte. Und wenn emol öppis
nöd grad klappet, nöd immer grad usrüefe, eifach es so lebe, wie mers i dä letschte
Ferie gmacht hät. Klar, es isch schwer, wenn mer im Stress vom Alltag gfang isch, aber
s'eifachscht isch halt immer no, dass mer dä Lüüt, wo mer begegnet es chlises Lächle
schenkt. Das kost überhaupt kei Astrengig und für die ander Person gseht doch dä Tag
scho viel fründlicher us. Ich bitte drum alli, nöchstmol drazdenke und ebe echli
fründlich lächle. Vo mir persönli het üsi Gmeinde scho lang d'Uszeichnig als
freundlichsti Gmeinde i dä Schwiiz verdient, aber ebe, im Usland goots mängmol no
besser, und wiso sölled dänn mir immer grad scho zfriede sii, wenns au no es bitzeli
besser gängt? Dur min Bruef als Velofahrer han ich Kollege i ganz Europa, vo Süditalien
bis Norwegen, vo Spanien bis Russland. Do häts ganz unterschiedlichi Charakter, mer läbt
halt ganz unterschiedlich uf, und jede dänkt es bitzeli andersch. Aber mir alli chömed
guet mitenand uus, akzeptiered und respektiered üs, händ kei Problem zäme, - händ
fascht kei Problem zäme. Und wenn ich dänn mit dene echli über Schwiizer red, tänket
alli sglich: Echli stuur, mir lueged anschinend nu für üs selber, rechthaberisch simmer
au, jede en chline Polizist und alli überpünktlich. Improvisiere chömmer überhaupt
nöd, und Lache ghörd mer üs au nie. Klar, da sind die typische Vorurteil, wo die andere
üs Schiizer gegenüber händ, hanni am Afang dänkt. Aber jedesmol, wenni Wuchewiis nu
mit Usländer zäme bin, echli dene ihren Lebesstiel animm und nochher wieder hei i
Schwiiz chum, muni säge, da stimmt smeischt. Ich reg mi amel grausam uuf, wenn mir jede
Autofahrer säge mue, wo dass i mit em Velo fahre sött, und wehe, i chum emol 3 ½ Minute
spoot, dänn muulet jede. Und dänn dänk i immer wieder, mir Schwiizer sind eigentli scho
echli Chlikarriert. Dänn bin i amel nüme furchtbar stolz, en Schwiizer z'si. Drum hani
scho e paarmol dänkt, wa chönnt mer mache, dass mir echli toleranter und grosszüger
werded. Dänn so chönt mer s'Lebe au es bitzeli meh gnüsse. Und uf dä andere Siite,
schätz i pünktlichkeit vo üsne Züg und Postauto scho sehr, und Läde gönd au am zwei
uf, wenn das uf dä Türe stoht, und nöd erst e Stund spöter. D'Usländer behandlet mir
au recht fair, im Gegesatz zu einige andere Länder. Rassischte simmer im allgemeine
sicher nöd, userd vilicht im Moment, wo alli echli gege d'Rass vo dä Velofahrer sind.
Aber normalerwis hebi mini Bruscht immer füre und betone, dass i en rote Pass han.
Sbescht wäre, mir chöntet echli vo dä andere sguete ahnee, ohni üsi Qualitäte
z'verlüüre. Aber ebe, das isch gar nöd eso eifach. Wenn ich dä König vo dä Schwiiz
wär und s'Land befehle chönt, würd ich jedem Schwiizer en längere Uslandufenthalt
vorschriebe, villicht würdemer eso die guete Siite vo andere Kulture au echli ahnee, und
sie viellicht die guete vo üüs. Aber ebe, i bi nöd König, befehle chani au nöd, und
folge tuet mit scho gar niemert, usserd i einzelne Fäll mini Chind. Und drum würs doch
schön für Eu alli, wenn ihr s'Lebe echli liechter nehme chönted, lachet echli meh,
grüessed au Unbekannti und gönnd mängmol au z'fuess uf Post. Und wenn ihr mi nöchstmol
uf em Velo grüessed, ich eventuell kei Antwort gib, dänn bin i nöd unfründlich,
sondern eifach kaputt Probiered mir doch, en neuafang zmache, eso wie üseri Vorfahre vor
über 700 Johr und eso, wie üseri hütige Gmeindrööt vor öppe zwei Joor. Allerdings
weiss i nöd, wo sich Mane im gheime zämegfunde händ, us Zihlschlacht und Sitterdorf, um
sich zvereine. Isch das öppe do obe gsii. Im Zihlschlachter Rüütli? Hät do dä
Hohlsteischwur stattgfunde? Händs do obe nodenkt, wie sie gege ihrni übermächtige
Gegner, wie Verschuldig und Arbeitslosigkeit gwünne chöntet? Aber ich find, sie mached
ihri Sach bis jetzt ganz guet. Und mir, wos jo schliessli gwählt händ, sötet au hinder
ihne stoo und ihne üses Vertraue schenke. Nöd immer grad bi jedem Entschluss wos fassed
ummemule, ihne echli Freiheit loo, schliessli handled si mit beschtem Wüsse und Gwüsse
und sie wend jo sbescht für üs alli. Undebe, zum Glück mönts nüme go Jage und go Holz
sueche, so händs meh Ziit um die komplizierte Probleme mit - und um dä Komputer z'löse.
Mir chönd üs jetzt uf d'Jagd noch Colafläsche und Brodwürscht mache. Drum wet i eu
nüme länger ufhalte und danke eu allne fürs zuelose. Ich wünsch no allne e schöns 1.
Augustfescht und en Guete. |
|
Zihlschlacht, 27. August |
Ich liege genau in meinem Trainingsplan, der ganz auf die letzten Saisonrennen
ausgerichtet ist. Paris-Tour, WM, Lombardeirundfahrt usw. Da bin ich überzeugt, dass ich
gut fahren werde. Mein Trainingspensum in den letzten Tagen: 100, 180, 170 km. Morgen
Reise ich nach Italien um am Wochenende am Giro del Veneto und an der Trofeo Melinda zu
starten ( und anzukommen!) |
|
Abano Terme (I), 28. August |
Ich weiss gar nicht was ich schreiben soll. Das Wetter ist sehr schön, das Essen wie
immer in Italien sehr gut und morgen steht mein 91. Renntag der Saison ins Haus.
Velokilometer 1998 bis und mit heute 24'500 km. |
|
Male (I), 29. August |
Giro del Veneto 200 km
Langsam, langsam kommt es immer besser. Am ersten Berg konnte ich immerhin in den ersten
10 Positionen des Feldes hinauffahren, das tat der Moral sehr gut. Danach habe ich seit
langem wieder einige Angriffe versucht, sie haben noch nichts gebracht, aber immerhin. Am
letzten Berg wurde ich aber doch noch abgehängt. Macht nichts, wenn es so weitergeht,
kann ich beim GP Isberg in zwei Wochen auf Resultat fahren. |
|
Zihlschlacht, 31. August |
Endlich habe ich einige Tage Erholung. Ich glaube, ich habe sie nötig. Beim letzten
Rennen in Italien kam ich wieder etwas unter die Räder, aber die Tendenz ist aufwärts.
Vorhin habe ich einen Brief an die UCI abgeschickt, ich konnte wieder einmal nicht ruhig
bleiben und musste ihnen meine Meinung zukommen lassen. Sie wollen ein Fahrergremium ins
Leben rufen. Die Idee ist zwar nicht schlecht, aber ich bin mit den Fahrern nicht
einverstanden, die sie vorgeschlagen haben. |
|
Zihlschlacht, 3. September |
Draussen regnet es in strömen, aber es stört mich überhaupt nicht. Schliesslich
habe ich heute einen Ruhetag. So kann ich endlich mal mein Büro wieder auf vordermann
bringen und die angestauten Arbeiten erledigen, wenigstens zum Teil. Was da so alles
hervorkommt! Übrigens habe ich seit neustem (seit Heute) auch einen eigenen Fanclub in
Dänemark. Die Adresse lautet jaermannfan@hotmail.com Der Präsident der 14 Mitglieder
heisst Mads Jönsson. Der "richtige" Fanclub in der Schweiz umfasst etwa 80
Mitglieder, deren Präsident Philip Meier ph.meier@bluewin.ch ist |
|
Zihlschlacht, 4. September |
Auf den Brief, den ich an die UCI geschrieben habe, ist tatsächlich eine Antwort
gekommen. Ich habe nun an der WM einen Termin, um mit dem Präsident der Ärztlichen
Kommission alles in Ruhe zu besprechen. Eine gute Sache! Heute habe ich 160 km alleine
trainiert, meine Trainingspartner Philipp Buschor und Alex Zülle sind von jetzt an, an
der Vuelta. |
|
Zihlschlacht, 6. September |
Irgendwie war es ein erfolgreiches Wochenende. Das Omnium in Elgg habe ich gewonnen
und beim Josef Vögeli Memorial fuhr ich auf den 14. Rang. Da hatte ich Angst, dass ich
bei diesem harten Zeitfahren letzter machen würde, ich musste praktisch nur gegen
Spezialisten antreten. Und dann habe ich am Samstag das erste mal in den 12 Jahren als
Profi eine Radnabe geöffnet, gefettet und selber wieder zusammengeschraubt! Auch ich kann
immer noch dazulernen. |
|
Zihlschlacht, 8. September |
Seit langem hatte ich heute einen Tag ohne Moral. Von den geplanten 200 km bin ich nur
gerade 120 gefahren. Meinen Trainingsplan seit langem wieder einmal einen Tag nicht
eingehalten. Ich stiefelte etwas auf meinem Bau herum, um etwas vom Radfahren abgelenkt zu
werden. Morgen sollte es wieder besser gehen. |
|
Zihlschlacht, 15. September |
So, ich bin wieder da! Ich hatte einfach keine Lust, an den Komputer zu sitzen und
irgendwas zu schreiben. Auch für andere Sachen war ich nicht gerade motiviert. Das ewige
Regenwetter schlug auf meine Moral. Dafür weiss ich schon, in welcher Mannschaft ich
nächstes Jahr mit ziemlicher Sicherheit fahren werde. Ich sage noch nichts, aber hier
wird es sicher als erstes publiziert.
Beim GP Fourmie habe ich übrigens kein zählbares Resultat herausgefahren. |
|
Zihlschlacht, 17. September |
Ich freue mich auf den GP Tell nächste Woche. Dann kann ich endlich wieder einmal
eine Rundfahrt fahren und muss nicht ewigs nur trainieren. Davon habe ich nun langsam
genug. Genauso wie vom Regen, der wieder einmal draussen fällt. In den Tell bin ich nun
noch nachträglich gerutscht, ursprünglich war er nicht auf meinem Rennprogramm, aber da
dort eine Mixtmannschaft auf die Beine gestellt wurde, musste ich diese Gelegenheit
nutzen. Meine Form ist aber leider im Moment nicht so, wie sie eigentlich sein sollte. |
|
Zihlschlacht, 18. September |
Ich bin wieder voll und ganz mit mir zufrieden. Es war ein schöner Tag, die Sonne
habe ich gesehen, den Duft von den Äpfeln wehte durch meine Heimat und ein grosses Glas
Süssmost direkt ab Apfelpresse. Und auch noch 205 km trainiert. Was will man mehr?
(Irgend ein Sieg natürlich, vielleicht am Sonntag beim GP Isberg) |
|
Zihlschlacht, 20. September |
Heute Abend auf dem Flughafen Paris merkte ich erst bei der Gepäckaufgabe, als sie
mir einen blauen Zettel drauflegten, dass ich in der Business klasse gebucht war. Endlich
mal einen gediegenen Heimflug, den ich in vollen Zügen geniessen kann. Als das
Flugpersonal schon mit Getränken kam, wo wir noch auf dem Rollfeld standen, hielt ich
mein Glas krampfhaft in den Händen fest, das Tischtablar durfte man ja noch nicht
herunterklappen. Mein Sitznachbar zeigte mir dann lässig mit einem Grinsen im Gesicht, wo
der Glashalter unter der Armlehne versteckt war, natürlich mit der Bemerkung, er fliege
nicht das erste mal Business. Später als das Nachtessen serviert wurde, nahm ich
anständigerweise nur ein Brötchen, mein Nachbar sofort zwei, und zu mir gewandt: In
dieser Klasse darf man das. Nachdem ich den Sonntagsblick nach dem Essen fertig gelesen
habe, gab ich in der Stewardess wieder zurück, mit der Anmerkung, sie dürfe ihn im
hinteren Teil des Flugzeuges jemandem weitergeben. Ich weiss ja schließlich, dass wenn
man hinten Sitzt, die Zeitungen nie bis dorthin reichen. Mein Nachbar: ich nehme ihn mit
nach Hause, schließlich habe ich auch mehr fürs Ticket bezahlt. Ein richtiger
Kotzbrocken. Dann endlich an der Passkontrolle, wo er in der Schlange stand bei den
"EU und Schweizerbürgern", lief ich mit einem Lächeln an ihm vorbei zu dem
freien "Alle Andern" Schalter und erwartete ihn bei der Gepäckausgabe mit einem
Grinsen. Er klaubte umständlich sein Natel hervor und schaltete es ein, ich sagte dann
nur noch : Ich lasse meines im Gepäck, um diese Zeit will ich nicht mehr gestört werden,
und verabschiedete mich mit einem Gefühl des Triumphs. Aber Businessklasse werde ich
nicht mehr so schnell fliegen. |
|
Zihlschlacht, 22. September |
Ich bin am Packen, morgen geht der GP Tell für fünf Tage los. |
|
Dietikon, 23. September |
1. Et. GP Tell 79 km
Es war eine kurze, schnelle Etappe. Durchschnitt war war etwa 47 km/h. Aber genau so etwas
brauche ich, um in Form zu kommen. Morgen ist die lange Etappe von 220 km, ich hoffe dass
ich da am Schluss noch zwäg bin. |
|
Bussigny, 24. September |
2. Et. GP Tell 230 km
Es lief mir nicht schlecht. Im welligen Parcour hatte ich eigentlich keine Probleme, am
Schluss war ich etwas kaputt, aber das ist wohl normal. Hier ist es wirklich eine sehr
gute Vorbereitung für die WM, aber meine Form muss noch etwas besser werden. Übrigens,
es ist zu etwa 95% sicher, dass ich auf nächstes Jahr zum Post Swiss Team wechsle, ich
habe den Vertrag noch nicht unterschrieben, das dauert noch etwa drei Wochen. |
|
Leissingen, 26. September |
4a. Et. GP Tell 73 km
Nachdem ich gestern am Jaunpass für mich eine sehr gute Leistung zeigte, explodierte ich
dann am Schluss doch noch. Aber im Grossen und Ganzen war ich sehr zufrieden. Auch heute
lief es mir in der kurzen, schnellen Etappe nicht schlecht. Heute Nachmittag bin ich
gespannt auf meine Leistung im Zeitfahren. Ich werde voll fahren. |
|
Schon zu Hause |
5. Et. GP Tell
Da ich vom Zeitfahren sehr enttäuscht war, bin ich heute dafür sehr zufrieden. Mir lief
es sehr gut, hatte nie Probleme und machte am Schluss noch Achter. Wenn man bedenkt, dass
vorne fünf Fahrer am Start schon wegfuhren, bin ich wirklich sehr zufrieden. |
|
Manfredonia (I), 28.September |
Sogar meine Velo ist angekommen, obwohl ich über Mailand geflogen bin. Gar nicht so
selbstverständlich. Dafür genoss ich das heutige Minitraining umso mehr, 10 km und
gaaaaanz laaaangsaaaam. Es tat richtig gut, blauer Himmel, Meeresgeruch und ganz flach. Da
steckt man auch das aufstehen um vier Uhr morgens noch weg. |
|
Trani (I), 29. September |
1. Et. Giro di Puglia 175 km
Wenn Andrea Tafi etwas mehr Grips hätte, würde er auch viel mehr Rennen gewinnen. Er
demonstrierte im Gegenwind seine Stärke, er ist sehr, sehr stark, aber eben, im Kopf
fehlt irgend etwas. Wenn er so weiterfährt ist er an der WM kaputt. Gewonnen hat
übrigens einer mit Grips, Jann Kirsipuu von Casino! |
|
Fasano (I), 30. September |
2. Et. Giro di Puglia 162 km
Endlich fühlte ich mich wieder einmal richtig gut auf dem Velo. Im Finale führte ich
viel, und in den kleinen, steilen Bergen konnte ich auch noch in die Gruppen springen, die
angriffen. Am Schluss machte ich noch etwa 15, ohne mich gross anzustrengen. Die Form
kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Übrigens Roscoli hat gleichviel Grips wie Tafi
gestern! Und unser Fahrer mit Grips hat das Leadertricot erfolgreich verteidigt. |
|
Galipoli (I), 1. Oktober |
3. Et. Giro di Puglia 211 km
Mir geht es schlecht, kaum geschlafen und viel überlegt. Eigentlich habe ich mein Wort
dem Post Swiss Team für nächstes Jahr gegeben, der Vertrag ist aber noch nicht
unterschrieben. Und jetzt hätte ich aus Italien ein Angebot das höher ist, viel höher,
sehr viel höher. Ich weiss im Moment wirklich nicht, was ich machen soll, mein Wort ist
mein Wort. Aber Geld brauche ich auch zum Leben, und das neue Haus wäre dann fast
bezahlt. Scheiss Welt, scheiss Geld.
Die Form war auch heute sehr gut und Jann hat hier die zweite Etappe für uns gewonnen. |
|
Bari (I), 2. Oktober |
4. Et. Giro di Puglia 172 km
Ich bin kaputt. Heute haben wir alles gegeben, aber das Leadertricot haben wir doch
verloren, Jann beendete das Rennen auf dem dritten Schlussrang. Ich war auch nicht gerade
sehr gut, aber was soll's, wir haben es versucht. |
|
Paris (F), 3. Oktober |
Jetzt habe ich die Schnauze von Frankreich und Franzosen endgültig voll. Ich freue
mich, wenn ich auf nächstes Jahr von hier weg komme. Wie immer logieren wir in einem
Campanile Hotel, tarif sportiv, versteht sich, das kommt billiger. Im Zimmer einen Gestank
von kaltem Zigarettenrauch, und dazu sitze ich seit Mittag ohne Koffer hier, und weiss
nicht was tun. Der nächste Flug von Rom kommt erst um 20 Uhr an, also vor dem
Schlafengehen werde ich meine Sachen kaum haben. Wenigstens hatte ich als alter Radprofi
die Rennschuhe im Handgepäck, aber trainieren konnte ich deswegen doch nicht. Die
Batterie meines Natels hat den Geist inzwischen auch aufgegeben, das Ladegerät ist halt
auch noch unterwegs. Und all dies vor dem Weltcuprennen von morgen, wo ich mir doch so
viel vorgenommen habe. Die ideale Vorbereitung war das sicher nicht. 22 Uhr - Ich habe
immer noch keinen Koffer und niemand weiss, wo er ist. |
|
Maastrich (NL), 4. Oktober |
Paris - Tours 254 km
Nach einer Autofahrt von 50 km, Radrennen 254 km, Auto 270 km, Flugzeug ca. 400 km,
Busfahrt 130 km bin ich Nachts endlich in Maastrich angekommen, ohne Koffer. Aber gar
nicht so kaputt, dann das Rennen fand ich als leicht, zu leicht für ein Weltcuprennen. Es
lief mir sehr gut, obwohl ich den Sprint total versaut habe und nur 25. wurde. Aber da ja
Durand gewonnen und Kirsipuu dritter wurde, darf ich doch zufrieden sein. |
|
Maastrich, 5. Oktober |
Den Koffer habe ich nun endgültig abgeschrieben, aber wenigstens hatte ich Zeit, um
eine neue Zahnbürste zu kaufen. Einen Kamm habe ich auch wieder und rasieren geht auch.
Nur in meinem einzigen T-Shirt stinke ich nun langsam. Trainieren konnte ich auch noch
nicht, ich habe keine langen Hosen und mit den kurzen ist es zu kalt. Aber, meine
Telefonbatterie ist wieder aufgeladen. |
|
Maastrich, 6. Oktober |
Ich habe meinen Koffer wieder! Was für ein Leben jetzt, ich scheele im Luxus! Die WM
Strecke sollte mir liegen. Ich absolvierte drei Runden, der Cauberg kam mir am Amstel Gold
Race aber etwas schwerer vor, aber eben, heute fuhr ich ihn auch nicht nach 200 km. Aber
mit dem vielen Wind und der Kälte von heute wird es noch lange schwer genug. |
|
Maastrich, 7. Oktober |
Wir haben einen Weltmeister! Fabian, einer unserer Junioren gewann das Zeitfahren,
super! Wenn es so bis am Sonntag weitergehen könnte.... Ich habe mich weiter an die
Kälte gewöhnt hier und dürfte mit dem Wetter am Sonntag keine grossen Probleme mehr
haben. Jetzt muss es nur noch morgen einigermassen gut sein, damit ich meine sechs Stunden
abspulen kann. |
|
Maastrich, 8. Oktober |
Ich habe "meinem" Albertuskanal guten Tag gesagt. Jedesmal wenn ich hier
oben im Norden bin, fahre ich im Training einige Kilometer seinem Ufer entlang. Das
gehört irgendwie dazu. Um im strömendem Regen etwas Moral zu holen, fuhr ich die letzten
30 km des Amstel Gold Races ab. Das tat dem Kopf sehr gut. |
|
Maastrich, 9. Oktober |
Heute früh musste ich wieder einmal zur Blutkontrolle antraben, alles OK. Danach war
ich schon um neun Uhr mit dem Velo unterwegs. Nochmals vier Stunden, und erst noch bei
schönem Wetter. Ich habe mir das Rennen der U23 angeschaut, leider habe ich dabei keine
neuen Kenntnisse der Strecke erlangt. Ich weiss noch überhaupt nicht, wie ich dieses
Rennen angehen soll. Warten und nochmals warten, oder in die Offensive? Auf dieser Strecke
könnte es ein Vorteil sein, wenn man in einer grösseren Spitzengruppe unterschlupf
finden könnte. Aber eben, bei den unteren Kategorien sind sie immer wieder eingeholt
worden, und bei uns? |
|
Mailand, 13. Oktober |
Tag 2 danach....
Nach dem Fest in Maastrich bin ich nun wieder Komputertauglich. Was für ein Rennen von
Oskar! und der Mannschaft! Die Schweiz hat wieder einen Weltmeister und ich war dabei. Zu
Beginn des Rennens war ich aber gar nicht zufrieden mit mir. Ich wollte doch nur vorne
fahren, aber ich erwischte "leider" jede Gruppe die lief, bis ich meine Körner
verschossen hatte. Die Entscheidung des Rennens erlebte ich dann schon im Hotel, wo wir
den Empfang für Ösi vorbereiten mussten. Der Abend danach war relativ lang und der Flug
am Morgen nach Hause verdammt früh... |
|
Turin, 14. Oktober |
Mailand-Turin 205 km
Was für Schweizer! 1. Aebersold, 2. Camenzind ! Ich kann aber nicht begreifen, dass diese
beide schon wieder so gute Beine haben, meine waren hart wie aus Holz, mir scheint's, ich
vertrug die Disco weniger gut als andere. Aber dennoch, ganz schlecht war ich nicht,
morgen werde ich voll auf Sieg fahren, vielleicht klappt es ja!
Übrigens werde ich nächstes Jahr definitiv beim Post Swiss Team fahren. Die Unterschrift
unter den Vertrag ist nur noch ein Detail, das noch gemacht werden muss. |
|
Varese, 15. Oktober |
Piemontrundfahrt 198 km
Nach einem schnellen Start, einem harten Mittelteil und einem jagendem Finale kam ich
total auf den Felgen ins Ziel. Mir lief es eigentlich recht gut, vor allem in den
Steigungen aber am letzten Berg 15 km vor dem Ziel hat es mich total hingestellt. Krämpfe
in den Beinen und keinen Saft mehr. Es reichte allerdings immer noch zum 10. Schlussrang.
Übrigens die Durchschnittsgeschwindigkeit von Heute im keineswegs flachen Rennen : 46
km/h !! |
|
Varese, 16. Oktober |
Endlich wieder einmal einen faulen Tag. Nur ein einstündiges Training und sonst habe
ich das Bett fast nicht verlassen. Ich fühle mich dafür von gestern schon fast erholt.
Noch genau zwei Rennen, dann ist meine Saison beendet. Morgen an der Lombardeirundfahrt
lasse ich mich von meinen Beinen überraschen. |
|
Zihlschlacht, 21. Oktober |
Heute geht es ab nach Japan! (Für ein Rennen) Gut werde ich da nicht sein, seit der
Lombardei habe ich das Velo noch nicht berührt. Ich schlage mich wieder einmal mit einem
Komputerproblem herum. Falls ich eure Mails nicht beantworte, ist er schuld. |
|
10100 m über St. Petersburg, 21. oder 22. Oktober |
Noch acht Stunden Flug habe ich bis Tokio vor mir. Und das nur wegen einem Rennen.
Aber bis jetzt war der Flug sehr angenehm - Businessclass! Genügend Platz für die Beine,
viel zu Essen und zu trinken, obwohl ich mich bei der Menuwahl etwas verhauen hatte, ich
nahm das japanische. Gegessen habe ich alles, aber ich weiss immer noch nicht, was es war.
Der Service ist sehr gut, auch hat jeder Sitz einen eigenen, kleinen Bildschirm, um die
Filme selber zu wählen, leider laufen sie nur auf englisch und japanisch, verstehen tue
ich keines von beidem.
Hier im Jumbo sind wir zwei Radmannschaften, Lotto und wir. Langsam stellt sich die
Langeweile ein, zum Glück habe ich meinen Komputer hier. Ich bin gespannt, ob mein Natel
auch in Japan funktioniert, einen brauchbaren Interneteinwählknoten habe ich dort schon
ausfindig gemacht, damit ich auch dort mit dem Rest der Welt verbunden sein kann. Was
mache ich nur die nächsten acht Stunden? Schlafen sollte ich nicht, denn wir kommen gegen
Abend an, und dann muss ich schlafen können. |
|
Utsunomiya (JP), 23. Oktober |
Eigentlich bin ich vom Flug immer noch etwas kaputt, aber das Training ging gegen Ende
schon etwas besser. Im Moment habe ich aber dicke Beine vom Shoppen, obwohl ich noch gar
nichts gekauft habe. Es ist halt etwas schwierig, wenn man weder beim Lesen noch beim
Sprechen nur ein Wort versteht. Auch an den Linksverkehr habe ich mich noch nicht
gewöhnt, nach allen Kreuzungen muss ich mich konzentrieren, dass ich nicht auf die
falsche Seite wegfahre.
Den Vertrag mit dem Post Swiss Team für nächstes Jahr habe ich heute unterschrieben! |
|
Utsunomiya, 24. Oktober |
Ich bin normalerweise beim Essen nicht heikel, aber wenn ich einen Monat in Japan
wäre, ich würde 5 kg verlieren. Nur Gemüse, Früchte, Fisch, Reis und kalte Nudeln und
der Rest ziemlich undefinierbar. Auf das Rennen morgen bin ich gespannt, die Rundstrecke
ist hart und da es für alle Europäer die fertig fahren, etwa 500 sFr. gibt, haben wir
beschlossen, die ersten 6 Runden langsam zu fahren. So können noch möglichst viele die
letzten vier Runden überleben. Unsere Gegner vom asiatischen Raum sollen nicht so stark
sein, hoffen wir. Irgendwie werden wir von den 6 Profimannschaften wohl alles im Griff
haben. |
|
Irgendwo über China, 26. Oktober |
Das Rennen lief wie geplant, obwohl die Japaner stärker waren als gedacht. Aber
schlussendlich hat doch der alte Kontinent die Oberhand behalten. Ich war in der neunmann
Spitzengruppe, wurde am Schluss dann aber noch 10. Mich hat es eben wieder einmal
parkiert. Jetzt bin ich froh, dass diese Saison endlich fertig ist, nach 111 Renntagen und
32'000 km habe ich jetzt eine velofreie Zeit verdient. Ferien liegen leider dennoch nicht
drin, die nächsten drei Wochen sind schon mit Terminen überhäuft. Aber etwas Zeit für
meine Familie werde ich mir ganz sicher nehmen. |
|
Zihlschlacht, 29. Oktober |
Ich stecke schon wieder mitten im Stress. Gestern war ich im Tessin an der Sitzung der
Profigewerkschaft, deren Präsident ich bin. Wir beschlossen einige gute Dinge, jetzt muss
ich diese Sachen gegenüber der UCI und SRB vorbringen und nach Möglichkeit durchsetzten.
Langweilig wird es mir da sicher nicht. Auch bin ich voll in den Vorbereitungen für mein
Trainingsseminar für Hobbyfahrer, das ich am nächsten Samstag halten werde. |
|
Zihlschlacht, Montagmorgen 2. November |
Endlich kann meine Erholung beginnen. In der letzten Woche hatte ich zwar nichts
trainiert, aber mein Stress war dafür um so grösser. Ich musste tausend Dinge erledigen,
dafür habe ich jetzt schon einiges gemacht und kann nun alles mit der Ruhe nehmen.
Jetzt ist schon November und ich beginne meine Winterpause erst, das könnte knapp werden,
um im nächsten Frühling wieder in Form zu sein. Normalerweise trainiere ich vier Wochen
gar nichts und dann vier Wochen ohne Strassenvelo. Wenn ich dies aber dieses Jahr
einhalte, beginne ich erst im Januar mit dem Velo, das ist etwas zu knapp. Also gibt es
weniger Erholung! |
|
Zihlschlacht, 3. November |
Es regnet immer noch. Wenn ich trainieren müsste, wäre es mir schon lange
verleidet..... Aber eben, den Garten sollte ich auch noch winterdicht machen.
Meine nächstjährige Mannschaft, das Post Swiss Team, ist eine junge, hochmotivierte
Truppe. Wir sind 16 Fahrer, alles Schweizer. Zuzüger in der Mannschaft sind neben mir
noch Bruno Boscardin (Festina), Philipp Buschor (Saeco) und Christian Charrier (Riso
Scotti), daneben sind mit Marcel Strauss und Cédric Fragniere noch zwei hoffnungsvolle
Neoprofis verpflichtet worden. Leider verlassen dagegen Marcus Zberg, Niki Aebersold, Rolf
Huser und Franz Hotz das Team. |
|
Zihlschlacht, 9. November |
Im Moment lerne ich wieder einmal die positiven Seiten meiner Radsportkarriere kennen.
Wenn ich irgendwo hingehe, kann ich mich in Ruhe umschauen und etwas auslesen. Beim
bezahlen, wenn ich meinen Namen angebe, werde ich dann meistens erkannt und komme so ins
Gespräch. Wenn ich ehrlich bin, verlasse ich dann jeweils das Geschäft mit einem
innerlichen Stolz. Mein Ego ist wieder für eine Weile befriedigt. Auch wenn ich
natürlich sage, es macht mir nichts aus, wenn mich niemand erkennt. |
|
Zihlschlacht, 13. November |
Gestern hatten ich den ersten Mannschaftszusammenzug mit meiner neuen Liebe, dem POST
Swiss Team. Eine aufgestellte Truppe! Die Ausrüster haben Mass genommen und uns ihr
Material vorgestellt. Die neuen Velo von Vittus (Time), genial. Etwa 8 Kilo (nur acht
Kilo!!) schwer, die neue elektronische Schaltung von Mavic, spitze. Und das Beste, anfang
Dezember sollte dieses Velo schon in meinem Keller stehen. Hoffentlich ist bis dahin
schönes Wetter, dass ich dann mit langen Ausfahrten beginnen kann. |
|
Zihlschlacht, 15. November |
Der Präsident meines Fanclubs geht in Kürze mit seinen Seiten Online. Dann kann man
auch News von dort erfahren. Und da ich schon länger den Domain Jaermann.ch reserviert
habe, hatten wir die grobe Idee, alles unter jener Adresse abzuspeichern. Wüsste jemand
einen guten, seriösen Server, wo wir etwas Platz hätten, für unsere Informationen? Z.B.
mein Tagebuch, Infos zum Fan-Club, ein Quiz mit Preisen, Seiten, wo ich mein Material
vorstelle usw. Wer sonst noch gute Ideen hat, was die Leute so interessiert, soll sich
melden, genau so wie jene, die eigene Seiten kreieren können und eben, die Platz auf
einem Server haben. Vielen Dank, ihr seid alles "Schätze" |
|
Zihlschlacht, 19. November |
Ich habe schon wieder mit leichtem Training begonnen. Aber nur mit Jogging, Montag 10
Min, Mittwoch 15, heute 20 Min. Bei so einem Beginn, bin ich sicher, dass ich keinen
Muskelkater auflese. Aufs Rennrad steige ich frühestens im Dezember wieder, im Moment ist
es sowieso zu kalt. |
|
Zihlschlacht, 23. November |
Heute habe ich offiziell wieder mit dem Training begonnen. 30 Min. Jogging. Am 1. und
2. Dezember fahre ich anlässlich des Zürcher 6-Tage-Rennen das Omnium der Asse und bis
dahin muss ich schon wieder einigermassen eine gute Gattung machen. Das heisst, mindestens
einmal vorher mit dem Velo auf die Bahn. (Sie ist verdammt steil und sieht echt
gefährlich aus) |
|
Zihlschlacht, 25. November |
Mein Bahnvelo funktioniert noch immer! Es stand jetzt acht Jahre im Keller, ich musste
es nur hervornehmen, etwas abstauben und neue Pedalen montieren. Sogar die Sitzposition
stimmte noch, nicht eine einzige Schraube musste ich anziehen, nur ein Kettenglied ist
noch etwas steif. Bei jeder Pedalumdrehung rumpelt es noch etwas, aber ich habe genug Öl
hingeschmiert, so dass es morgen sicher funktionieren wird. Ach ja, ich habe das ganze
fünf Minuten auf der Rolle getestet. |
|
Zihlschlacht, 28. November |
Ich komme gerade von der Bahn zurück. Ich kann es noch immer! Nach einer kleinen
Angewöhnungsrunde auf der blauen Auslaufzone wagte ich mich über die schwarze und eine
Runde später über die rote Linie, in der fünften fuhr ich bereits an der blauen Linie
und nach zehn Runden fuhr ich schon oben an der Balustrade. Ich bin richtig stolz, ohne
Angst, wenigstens nicht viel.
In Form bin ich aber überhaupt nicht. |
|
|